Rz. 486

Der Gläubiger darf ausschließlich aus dem Vermögen des Schuldners befriedigt werden.

In der Praxis kann es jedoch zu Problemen kommen, da das Zwangsvollstreckungssystem nicht an den materiell-rechtlichen Eigentumsbegriff knüpft und so unter Umständen in das Vermögen eines Dritten vollstreckt wird.

 

Rz. 487

Die Zwangsvollstreckung richtet sich nämlich vielmehr

in der Mobiliarzwangsvollstreckung nach dem Gewahrsam (unmittelbare Sachherrschaft);
in der Immobiliarzwangsvollstreckung gem. § 17 ZVG nach der Eintragung im Grundbuch sowie
in der Forderungszwangsvollstreckung nach der schlüssigen Behauptung des Gläubigers, dass der Schuldner Inhaber der behaupteten Forderung gegen einen Dritten sei (wie beim PfÜB).
 

Rz. 488

Da hier durch das entsprechende Vollstreckungsorgan keine Verfahrensvorschriften verletzt werden, kommt eine Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO nicht in Betracht. Dem Dritten steht in diesen Fällen jedoch die Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO zur Verfügung, mit der dem Gläubiger der gepfändete Gegenstand wieder entzogen werden soll oder ein angedrohter (unmittelbar bevorstehender) Zugriff von vornherein verhindert werden soll.

 

Rz. 489

In der Praxis wohl am häufigsten vorkommend sind die Fälle, wo bewegliche Gegenstände sich im Gewahrsam des Schuldners befinden und im Eigentum eines Dritten stehen.

a) Zuständigkeit

 

Rz. 490

Für die Drittwiderspruchsklage gibt es gem. §§ 771 Abs. 1, 802 ZPO eine ausschließliche örtliche Zuständigkeit, und zwar ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung stattfindet.

 

Rz. 491

Hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit gibt es keine Besonderheit. Diese richtet sich vielmehr – wie im Zivilrecht üblich – nach §§ 23, 71 GVG, mit der Maßgabe, dass bei Streitwerten bis 5.000,00 EUR das Amtsgericht und bei höheren Streitwerten das Landgericht zuständig ist.

Der Streitwert für die Drittwiderspruchsklage wird dabei nach § 6 ZPO bestimmt und richtet sich grundsätzlich nach dem Wert der Vollstreckungsforderung, es sei denn, der Wert des gepfändeten Gegenstandes ist geringer.

 

Rz. 492

 

Praxistipp:

Es bestimmt immer der niedrige Wert den Streitwert.

 

Rz. 493

 

Beispiel:

Es wurde wegen einer Forderung in Höhe von 10.000,00 EUR die Sachpfändung in Düsseldorf betrieben und dabei eine Rolexuhr im Wert von 7.000,00 EUR gepfändet. Der Dritte begehrt mit der Drittwiderspruchsklage die Herausgabe der Rolexuhr, da diese sein Eigentum ist. Der Streitwert würde hier 7.000,00 EUR betragen. Die Drittwiderspruchsklage müsste daher beim Landegericht Düsseldorf eingereicht werden.

b) Form und Frist

 

Rz. 494

Die Drittwiderspruchsklage ist eine sogenannte Gestaltungsklage, für die die allgemeinen Bestimmungen der Klage gelten.

 

Rz. 495

Insbesondere gelten die allgemeinen Beweislastregeln, nach der jede Partei die für sie günstigen Tatsachen zu beweisen hat. Der Dritte als Kläger ist daher zunächst voll darlegungs- und beweispflichtig, dass er ein die Veräußerung hinderndes Recht (z.B. Eigentum an dem Gegenstand) besitzt. Macht der Gläubiger und Beklagte im Verfahren Einwendungen hiergegen gelten, so muss er diese wiederum beweisen.

 

Rz. 496

Mit der Klage darf aber ferner begehrt werden, dass die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung des konkreten Gläubiger in das Vermögen des Dritten (konkreter Gegenstand) festgestellt wird.

Würde hier jedoch die vollständige Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung (ohne Konkretisierung) beantragt werden, so ist die Klage mit negativer Kostenfolge teilweise abzuweisen.

 

Rz. 497

Für die Drittwiderspruchsfrist gibt es keine gesetzliche Klagefrist. Es muss jedoch ein Rechtsschutzbedürfnis des Dritten vorliegen.

Das Rechtschutzbedürfnis liegt grundsätzlich vor, wenn mit der Sachpfändung begonnen, also mit der eigentlichen Pfändung. Aber auch wenn die Pfändung unmittelbar ­bevorsteht und ein irreparabler Schaden durch die Zwangsvollstreckung droht, wird bereits zu einem früheren Zeitpunkt das Rechtsschutzbedürfnis bejahrt (i.d.R. bei Räumungsvollstreckungen).

Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt jedoch,

wenn die Zwangsvollstreckungshandlung bereits abgeschlossen ist (z.B. durch Versteigerung) und der Gläubiger dadurch befriedigt wurde oder
wenn der Gläubiger den Gegenstand freigibt, weil er das (bessere) Recht des Dritten anerkennt.
 

Rz. 498

 

Praxistipp:

Der Dritte muss seinen Anspruch auf den Gegenstand gegenüber dem Gläubiger vorgerichtlich angezeigt haben und diesen zur Freigabe innerhalb einer angemessenen Frist aufgefordert haben.

Versäumt er dies, hat er keinen Anlass zur Klageerhebung und trägt das Risiko, dass die Kosten des Verfahrens ihm bei einem sofortigen Anerkenntnis gem. § 93 ZPO auferlegt werden.

 

Rz. 499

Wenn die Zwangsvollstreckungshandlung z.B. durch Versteigerung bereits abgeschlossen worden ist, kann der Dritte seine Drittwiderspruchsklage nach § 264 Nr. 3 ZPO auf eine Leistungsklage wegen Bereicherung nach § 812 BGB umstellen. Sollte der Dritte in diesem umgestellten Verfahren sein besseres Vermögensrecht nachweisen können, so hätte er Anspruch auf Auszahlung ...

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