Rz. 4

Das Schriftformerfordernis für besondere Maßnahmen der medizinischen Behandlung oder Freiheitsentziehung nach den §§ 1904 Abs. 5, 1906 Abs. 5, 1906a Abs. 5 BGB a.F. ist nun in § 1820 Abs. 2 BGB n.F. zu finden (siehe § 14 Rdn 2). Hingewiesen wird auch auf die Notwendigkeit, die Befugnis "ausdrücklich" zu gewähren, so dass eine bloße Normennennung in der Vollmacht nach wie vor nicht genügt.[6] Weitergehende Formerfordernisse wurden bewusst nicht aufgenommen.[7]

 

Rz. 5

Für bisherige Gestaltungen ist in Bezug auf die Schriftformerfordernisse, nun nach § 1820 Abs. 2 BGB n.F., anzunehmen, dass eine Nennung der alten Normen §§ 1904 Abs. 5, 1906 Abs. 5, 1906a Abs. 5 BGB a.F. keinen Einfluss auf die Wirksamkeit hat. Vorsorgevollmachten sind der Auslegung zugänglich, so dass eine Verweisung nun auf § 1820 Abs. 2 BGB n.F. zu antizipieren ist.

Eine Änderung alter Vorsorgevollmachten ist also nicht notwendig. Sie kann aber erfolgen, Geschäfts- bzw. Einwilligungsfähigkeit vorausgesetzt. Wenn die Vorsorgevollmacht nicht gänzlich neu erstellt werden soll, kommt bei privatschriftlichen Exemplaren auch eine Korrektur im Text mit Neuunterzeichnung und einem empfehlenswerten Abkürzeln der Änderungen im Text in Frage.

 

Rz. 6

Bei beglaubigten Exemplaren erscheint das problematisch und bei beurkundeten ausgeschlossen. Wenn der Vollmachtgeber eine Original-Vorsorgevollmacht, bei der er seine Unterschrift beglaubigen ließ, ändert, verändert er eine Urkunde. Keinesfalls sollte er vortäuschen, dass die Beglaubigung sich auch auf die Veränderung bezieht. Eine Verfälschung im Sinne von § 267 StGB liegt nahe. Wenn der Vollmachtgeber deutlich macht, dass es sich um eine nachträgliche Änderung handelt, wird sich jedenfalls die Beglaubigung nicht auf diese Änderung beziehen. Akzeptanzprobleme sind denkbar. Vorzugswürdig könnte ein Zusatz sein, der unter der Beglaubigung angebracht und neu unterzeichnet wird, wenn nicht eine von den Kosten her überschaubare Neubeglaubigung erfolgt.

 

Rz. 7

 

Formulierungsbeispiel: Ergänzung Vorsorgevollmacht

In meiner Vorsorgevollmacht werden die Befugnisse des Bevollmächtigten zu meiner Vertretung bei besonders gefährlichen Maßnahmen der medizinischen Behandlung, Freiheitsentziehung, medizinischen Zwangsmaßnahmen und Verbringungen erwähnt. Auch wenn die genannten Normen §§ 1904 Abs. 5, 1906 Abs. 5, 1906a Abs. 5 BGB ab dem 1.1.2023 nun in § 1820 Abs. 2 BGB zusammengefasst wurden, ändert sich an den Befugnissen des Bevollmächtigten nichts. Sie bleiben erhalten.

(Datum, Unterschrift)

 

Rz. 8

Bei beurkundeten Vorsorgevollmachten könnte der Vollmachtgeber nur Ausfertigungen ändern. Die Urschrift verbleibt beim Notar. Auch hier ist Vorsicht geboten, um sich nicht dem Verdacht der Verfälschung einer Urkunde gem. § 267 StGB auszusetzen. Wird eine Veränderung an einer Ausfertigung transparent und deutlich herausgestellt, stellt sich die Frage, ob sie noch akzeptiert werden wird. Jedenfalls für die Fälle wie im Grundbuchverkehr, bei denen es auf die Wirksamkeit einer Beurkundung[8] ankommt, wird die Ausfertigung nicht mehr zu gebrauchen sein.

 

Rz. 9

Im Ergebnis ist von Veränderungen an den Urkunden abzuraten. Privatschriftliche Ergänzungsdokumente sind denkbar. Ansonsten kann grundsätzlich auf die Fortwirkung durch Auslegung vertraut werden. Sinnvoll ist es, die Gesetzesänderung zum Anlass zu nehmen, Vorsorgevollmachten auf ihre Vollständigkeit hin zu überprüfen, ob also auch die Befugnisse nach § 1906a BGB a.F./§ 1832 BGB n.F. zur medizinischen Zwangsmaßnahme einschließlich einer Verbringung gem. § 1906a Abs. 4 BGB a.F./§ 1832 Abs. 4 BGB n.F. ausdrücklich erwähnt werden.[9]

 

Rz. 10

 

Formulierungsbeispiel: Vorsorgevollmachts-Verweise gem. § 1820 Abs. 2 BGB n.F.

In persönlichen Angelegenheiten umfasst die Vollmacht insbesondere auch die Befugnis,

1. Gesundheitssorge

(…)
in eine Maßnahme nach § 1829 Abs. 1, 2 BGB (bis 31.12.2022: § 1904 Abs. 1, 2 BGB)[10] einzuwilligen, nicht einzuwilligen oder die Einwilligung zu widerrufen, also in eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff, auch wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Vollmachtgeber aufgrund dieser Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet;

2. Unterbringung

einer Maßnahme nach § 1831 Abs. 1 BGB (bis 31.12.2022: § 1906 Abs. 1 BGB) zuzustimmen, also einer Unterbringung, z.B. in einer geschlossenen Abteilung, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist. Sie muss erforderlich sein,

entweder weil aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Gefahr besteht, dass der Vollmachtgeber sich selbst tötet oder sich erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder
weil zur Abwendung eines drohendenden, erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig sind, die ohne Unterbringung nicht durchgeführt werden können und der Vollmachtgeber aufgrund einer psy...

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