Rz. 738

In Familiensachen kommt es immer wieder zu sog. "Güterichterverfahren", zum einen für reine FamFG-Angelegenheiten gem. § 36 Abs. 5 FamFG und für Familienstreitsachen sowie Verbundverfahren nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG in Verbindung mit § 278 Abs. 5 ZPO.

 

Rz. 739

Zitat

§ 36 Abs. 5 FamFG

"(5)" -1-Das Gericht kann die Beteiligten für den Versuch einer gütlichen Einigung vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. -2-Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen. -3-Für das Verfahren vor dem Güterichter gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.“

§ 278 Abs. 5 ZPO

"(5)" -1-Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. -2-Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.“

 

Rz. 740

Ziel des Güterrichterverfahrens ist eine einvernehmliche Konfliktlösung und im Falle eines Vergleichs, die Protokollierung desselben, §§ 36 Abs. 2 FamFG, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Da der Güterichter Vergleiche ebenso protokollieren kann, wie auch der erkennende Richter, handelt es sich bei derartigen Vergleichen grundsätzlich um Titel i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

 

Rz. 741

Grundsätzlich ist der Güterichter, wie auch der erkennende Richter, berechtigt, im Rahmen eines Vergleichs gem. §§ 127a BGB Erklärungen aufzunehmen, die ansonsten der notariellen Beurkundung bedürfen, wie z.B. die Auflassung gem. § 925 Abs. 1 S. 3 BGB oder aber auch ein Ehevertrag. Der Vergleich vor dem Güterichter kann auch gem. § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen werden, da sowohl in § 36 Abs. 3 FamFG auf diese Vorschrift verwiesen wird, als auch § 278 Abs. 6 ZPO über § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG für Ehe- und Familienstreitsachen gilt. Ein solcher Vergleich wahrt nach Ansicht des BGH[411] auch die Form des § 127a BGB, siehe dazu auch Rdn 294 ff. in diesem Kapitel.

 

Rz. 742

Schneider weist zu Recht darauf hin, dass allerdings dann Vorsicht geboten ist, wenn im Vergleich eine Auflassung erklärt oder mit dem Vergleich ein Ehevertrag geschlossen werden soll.[412] Wollen die Ehegatten sich nämlich endgültig, und unabhängig von der Rechtskraft der Scheidung über den Zugewinn einigen, ist dies nur mit Aufhebung der Zugewinngemeinschaft möglich. In einem solchen Fall muss der Ehevertrag aber unter Anwesenheit beider Vertragspartner beim Notar geschlossen werden, §§ 925 Abs. 1, 1410 BGB.

 

Rz. 743

Da es an der Anwesenheit im Fall eines Beschlussvergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO, der im schriftlichen Verfahren geschlossen wird, grundsätzlich fehlt, scheiden derartige Vereinbarungen aus. Hier wäre vielmehr dann zwingend der Vergleich im Gerichtstermin zu protokollieren, § 160 Abs. 3 ZPO.

 

Rz. 744

Vorsicht auch beim Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung, bei der eine Erstreckung der Bewilligung sowie die Erstreckung der Beiordnung außerhalb der in § 48 Abs. 3 RVG geregelten Gegenstände zwingend erforderlich ist, damit der beigeordnete Anwalt sämtliche hierdurch entstehenden Gebühren mit der Staatskasse abrechnen kann. Eine solche Erstreckungswirkung muss vom erkennenden Richter entschieden werden, siehe § 48 Abs. 1 RVG[413] Sofern sich die Parteien über die Kosten des Verfahrens nicht einigen können, kann der Güterichter keine Kostenentscheidung treffen; er kann eine Einigung allerdings protokollieren bzw. im Beschlusswege feststellen.

 

Rz. 745

Vorsicht ist auch geboten bei VKH-Mandaten im Zusammenhang mit der Kostenhaftung des § 26 Abs. 4 FamGKG, siehe auch § 8 Rdn 240 ff. in diesem Werk. Um die Gerichtskostenfreiheit zu behalten, sind die hier genannten Voraussetzungen zwingend zu erfüllen, da der Güterichter jedoch keine Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Kosten des Verfahrens hat, wäre auch hier wieder der erkennende Richter zuständig. Allerdings wird teilweise die Auffassung vertreten, dass im Fall eines Vergleichsabschlusses vor dem Güterichter § 26 Abs. 4 FamGKG mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass die Voraussetzungen des § 26 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FamGKG nicht erfüllt sein müssen.[414]

 

Rz. 746

Die Festsetzung des Verfahrenswerts gem. § 55 Abs. 2 FamGKG obliegt ebenfalls dem erkennenden Richter.[415]

 

Rz. 747

In der Praxis stellt es sich immer wieder als problematisch heraus, dass Güterichter ohne entsprechende Befugnis Werte, insbesondere auch einen Vergleichsmehrwert festsetzen. Zwar ist es richtig, dass die 0,25 Gerichtsgebühr nach Nr. 1500 KV FamGKG auch bei einem Mehrvergleich im Güterichterverfahren entsteht, den Wert muss jedoch der erkennende Richter festsetzen. Hier erfolgt in der Praxis oft eine Berufung des erkennenden Gerichts darauf, dass eine Wertfestsetzung jedoch nicht möglich ist, da die Inhalte des Güterichterverfahrens dem erkennenden Richter nicht bekannt sind. Aus diesem Grund werden dann auch häufig, m.E. oft falsch, nicht die Werte der geforderten Beträge, sondern vi...

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