Rz. 690

Einstweilige Anordnungen stellen neben einem Hauptsacheverfahren grundsätzlich eine eigene gebührenrechtliche Angelegenheit dar, so dass die Vergütung hierfür jeweils gesondert anfällt.

 

Rz. 691

Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht, § 49 Abs. 1 FamFG. Die Maßnahme kann einen bestehenden Zustand sichern oder vorläufig regeln, § 49 Abs. 2 S. 1 FamFG. Einem Beteiligten kann eine Handlung geboten oder verboten, insbesondere die Verfügung über einen Gegenstand untersagt werden, wobei das Gericht mit der einstweiligen Anordnung auch die zu ihrer Durchführung erforderlichen Anordnungen treffen kann, § 49 Abs. 2 S. 3 FamFG.

 

Rz. 692

Nach § 50 FamFG ist örtlich zuständig

das Gericht, das für die Hauptsache im ersten Rechtszug zuständig wäre
bei anhängiger Hauptsache das Gericht des ersten Rechtszugs
bei anhängiger Hauptsache beim Beschwerdegericht, dieses
in besonders dringenden Fällen das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für ein gerichtliches Tätigwerden bekannt wird oder sich die Person oder die Sache befindet, auf die sich die einstweilige Anordnung bezieht; wobei eine unverzügliche Abgabe (vom Amts wegen) an das sonst zuständige Gericht zu erfolgen hat
 

Rz. 693

Der Verfahrensablauf im e.A.-Verfahren richtet sich nach § 51 FamFG:

Es ist ein Antrag erforderlich, wenn auch die Hauptsache eines Antrags bedarf, § 51 Abs. 1 S. 1 FamFG.
Es ist eine Begründung des Antrags erforderlich, § 51 Abs. 1 S. 2 FamFG.
Sodann hat eine Glaubhaftmachung der Voraussetzungen zu erfolgen, § 51 Abs. 1 S. 2 FamFG.
Die Verfahrensvorschriften für die Hauptsache, soweit nicht für die e.A. gesonderte Regelungen getroffen sind, werden in § 51 Abs. 2 S. 1 FamFG für anwendbar erklärt.
Es ist eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung möglich, § 51 Abs. 2 S. 2 FamFG.
Es ist keine Säumnisentscheidung möglich, § 51 Abs. 2 S. 3 FamFG.
Das einstweilige Anordnungsverfahren ist immer ein selbstständiges Verfahren, auch bei anhängiger Hauptsache, § 51 Abs. 3 S. 1 FamFG.
 

Rz. 694

Es besteht die Möglichkeit zur Erzwingung des Hauptsacheverfahrens, § 52 FamFG.

Sofern Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet werden können, ist hier ebenfalls ein Antrag erforderlich, § 52 Abs. 1 S. 1 FamFG
Fristbestimmung erfolgt durch das Gericht, Frist bestimmt den Zeitpunkt, vor deren Ablauf Antrag auf Hauptsache unzulässig ist; Frist darf 3 Monate nicht überschreiten, § 52 Abs. 1 S. 2 FamFG
Frist ist fruchtlos verstrichen? Aufhebung der e.A. auf Antrag, § 52 Abs. 2 S. 2 FamFG
 

Rz. 695

 

Hinweis

Ein negativer Feststellungsantrag, dass eine Verpflichtung zur Zahlung aufgrund der e.A. in der Vergangenheit nicht bestanden hat (z.B. wenn die Unterhaltsgläubigerin nicht auf ihre Rechte aus der e.A. verzichtet hat), ist nicht mehr zulässig, da die Rechte des Unterhaltsgläubigers durch die Möglichkeit zur Erzwingung eines Hauptsacheverfahrens und durch den Antrag auf Aufhebung oder Änderung der Entscheidung nach § 54 FamFG mit der Möglichkeit des Antrags auf Aussetzung der ZV nach § 55 FamFG hinreichend gewahrt sind.

 

Rz. 696

Auch eine Abänderung einer einstweiligen Anordnung nach § 238 FamFG kommt nicht in Betracht, da diese nur gegen "Endentscheidungen" möglich ist.

 

Rz. 697

 

Praxistipp

Sowohl für den Unterhaltsschuldner als auch den Unterhaltsgläubiger kommt zur Abänderung einer einstweiligen Anordnung nur die Einleitung des Hauptsacheverfahrens nach § 52 FamFG oder die Aufhebung oder Änderung der Anordnung nach § 54 FamFG in Betracht.

 

Rz. 698

Steht zu befürchten, dass seitens des Mandanten aufgrund einer einstweiligen Anordnung Überzahlungen erfolgen, sollte der Anwalt schnell reagieren (§§ 52, 54, 55 FamFG), denn Rückzahlungsansprüche zu viel gezahlter Unterhaltsbeträge scheitern in der Praxis oft an dem Entreicherungseinwand (§ 818 Abs. 3 BGB).

 

Rz. 699

 

Hinweis

In § 119 Abs. 1 S. 2 FamFG wird nur für Familienstreitsachen nach § 112 Nr. 2 u. 3 FamFG (Güterrechtssachen, sonstige Familien- und LPart-Sachen) ausdrücklich auf § 945 ZPO verwiesen, nicht aber für Familienstreitsachen nach § 112 Nr. 1 FamFG (Unterhaltssachen). Dies bedeutet, dass im Falle einer Überzahlung von Unterhalt aufgrund einer einstweiligen Anordnung auch ein verschuldensunabhängiger Schadensersatz nicht gefordert werden kann.

 

Rz. 700

Die Vollstreckung einer e.A. ist in § 53 FamFG geregelt:

Eine Klausel nur erforderlich, wenn die Vollstreckung für oder gegen einen anderen als im Beschluss bezeichneten Beteiligten erfolgen soll, § 53 Abs. 1 FamFG.
Das Gericht kann in Gewaltschutzsachen sowie in sonstigen Fällen, in denen hierfür ein besonderes Bedürfnis besteht, anordnen, dass die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung vor Zustellung an den Verpflichteten zulässig ist, § 53 Abs. 2 S. 1 FamFG; e.A. wird dann mit Erlass wirksam, § 53 Abs. 2 S. 2 FamFG.
 

Rz. 701

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