Rz. 20

Wird ein Grundstück rechtsgeschäftlich veräußert, handeln Veräußerer und Erwerber aus, ob die im Grundbuch eingetragenen Rechte vom Erwerber zu übernehmen oder zu löschen sind. Auch nach den gesetzlichen Regeln in der Zwangsversteigerung steht nicht immer fest, ob der Ersteher das Grundstück lastenfrei erwirbt. Alle dem bestrangig betreibenden Gläubiger in der Rangfolge des § 10 ZVG vorgehenden Rechte am Grundstück bleiben bestehen und sind vom Ersteher zu übernehmen, der bestrangig betreibende Gläubiger selbst und alle Rechte, die ihm nachgehen oder gleichstehen, erlöschen, §§ 44 Abs. 1, 52 ZVG.

 

Rz. 21

Neben den bestehen bleibenden Rechten am Grundstück kann der Ersteher das Grundstück auch nur in Höhe eines bar zu zahlenden Teils übernehmen, durch den die Verfahrenskosten und entsprechend der Rangklasse des § 10 Abs. 1 ZVG laufende und wiederkehrende Leistungen zu decken sind, sofern sie dem betreibenden Gläubiger vorgehen.

 

Rz. 22

Bestrangig betreibender Gläubiger ist derjenige, der in der Rangfolge des § 10 Abs. 1 ZVG die beste Position einnimmt und dessen Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss dem Schuldner mindestens vier Wochen vor dem Zwangsversteigerungstermin zugestellt wurde, § 44 Abs. 2 ZVG. Hatte der Gläubiger das Verfahren bereits einstweilen eingestellt, muss auch der Fortsetzungsbeschluss mindestens vier Wochen vor dem Termin zugestellt sein.[22]

 

Rz. 23

 

Hinweis

Will ein Vollstreckungsgläubiger einem laufenden Verfahren beitreten, sollte er überlegen, ob sich ein Beitritt innerhalb vier Wochen vor dem Zwangsversteigerungstermin noch lohnen wird. Rechtliche Vorteile kann der Gläubiger nicht mehr erlangen, der Versteigerungstermin kann für ihn selbst nicht mehr durchgeführt werden. Andererseits ist der Beitritt für einen persönlichen Gläubiger die einzige Möglichkeit, eine Beschlagnahme des Grundstücks zu erwirken. Es besteht immerhin die Chance, dass der Versteigerungstermin ergebnislos durchgeführt und ein neuer Termin anberaumt wird.

 

Rz. 24

 

Hinweis

Der starre Ranggrundsatz des § 10 ZVG kann jederzeit durch abweichende Versteigerungsbedingungen durchbrochen werden, § 59 ZVG. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Rechte, die zwar aus dem Grundbuch ersichtlich sind und, selbst wenn sie dem bestrangig betreibenden Gläubiger nachgehen, nach gesetzlichen Vorschriften bestehen bleiben; oder es bleiben Rechte bestehen, die überhaupt nicht im Grundbuch eingetragen sind.

 

Rz. 25

Zu achten ist hierbei auf das Altenteil, das nach landesrechtlichen Vorschriften (hierzu § 2 Rdn 19) bestehen bleiben kann, § 9 EGZVG.[23]

 

Rz. 26

Zur Erbbauzinsreallast nach § 9 Abs. 3 ErbbauRG vgl. § 2 Rdn 79 ff.

 

Rz. 27

Als Inhalt eines Dauerwohn- und Dauernutzungsrechts kann nach § 39 WEG vereinbart werden, dass es auch dann bestehen bleiben soll, wenn ein Gläubiger vorrangig die Zwangsversteigerung betreibt. Zu beachten ist ferner, dass dies nur dann gilt, wenn der Berechtigte seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Eigentümer stets nachgekommen ist, § 33 Abs. 3 WEG. Bei Ungewissheit ist ggf. das Dauerwohnrecht als bedingtes Recht in das geringste Gebot aufzunehmen.[24]

 

Rz. 28

Ein Reichsheimstättenvermerk ist zu löschen bzw. unbeachtlich, da das RHeimStG mit Wirkung zum 1.10.1993 aufgehoben wurde (BGBl I, 912).

 

Rz. 29

Ebenfalls bleibt eine Überbaurente immer bestehen, § 52 Abs. 2 ZVG.

 

Rz. 30

Bietinteressenten sollten weiterhin darauf achten, ob der Schuldner spätestens im Versteigerungstermin die gegen ihn bestehende Forderung aus einer Grundschuld unter Angabe ihres Betrags und des Grundes angemeldet hat. In diesem Fall ist der Ersteher zur Schuldübernahme verpflichtet, § 53 Abs. 2 ZVG.[25]

 

Rz. 31

Eine wesentliche Beeinflussung des Zwangsversteigerungsergebnisses kann auch eine nach der Landesbauordnung eingetragene öffentliche Baulast sein. Die öffentliche Baulast ist ein eigenständiges Rechtsinstitut des jeweiligen Landesrechts. Nur das Landesrecht bestimmt, unter welchen formellen und materiellen Voraussetzungen eine öffentliche Baulast erlischt. Der Zuschlag in der Zwangsversteigerung bringt die Baulast jedenfalls nicht zum Erlöschen.[26] Nicht richtig ist die Auffassung, dass die Baulast seitens der Behörde rechtzeitig zum Zwangsversteigerungsverfahren angemeldet werden müsse, damit sie gegenüber dem Ersteher wirke.[27]

 

Rz. 32

Da die Baulast nicht grundbuchersichtlich ist, kann sie in das Ranggefüge des § 10 Abs. 1 ZVG nicht übernommen werden.[28]

 

Rz. 33

Aber: Nach Sinn und Zweck der §§ 20, 23 ZVG ist die Übernahme einer Baulast durch den Grundstückseigentümer gegenüber dem späteren Ersteher des Grundstücks in der Zwangsversteigerung dann nicht wirksam, wenn schon vor der Bewilligung der Baulast der Zwangsversteigerungsvermerk im Grundbuch eingetragen war, da dies als "unwirksame Verfügung" gegenüber der Beschlagnahme anzusehen ist.[29]

 

Rz. 34

Bietinteressenten müssen sich daher rechtzeitig bei der Landesbaubehörde (nicht in Bayern und in Brandenburg) erkundigen, ob solche öffentlichen Baulasten bestehen.

 

Rz. 3...

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