Rz. 291

Verursacht der Schädiger die Arbeitsunfähigkeit des Geschädigten, ist er zum Ersatz des auf den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit anteilig entfallendes Teiles des Anspruches auf bezahlte Freizeit (Urlaubsentgelt[240]) verpflichtet. Dieser Anspruch geht gemäß § 6 I EFZG auf den Arbeitgeber über, soweit dieser dem Geschädigten für die Zeit seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bezahlten Urlaub gewährt hat.[241]

 

Rz. 292

Bei der Berechnung des vom Schädiger zu erstattenden anteiligen Urlaubsentgelts ist der Gesamtjahresverdienst auf die Jahresarbeitstage[242] unter Abzug der Urlaubstage umzulegen. War der Arbeitnehmer in einem Urlaubsjahr nur zeitweilig arbeitsunfähig, muss das Urlaubsentgelt auf das ganze Jahr verrechnet und entsprechend auf die Jahresarbeitstage aufgeteilt werden, wobei die Urlaubszeit in Abzug zu bringen ist.[243]

 

Rz. 293

Die Berechnung des zu erstattenden anteiligen Urlaubsentgeltes erfolgt zunächst in 2 Schritten und ist gegebenenfalls in einem dritten Schritt zu korrigieren:[244]

Im ersten Schritt ist das auf ein Urlaubsjahr entfallende jährliche Urlaubsentgelt zu ermitteln,
im zweiten Schritt erfolgt die Bestimmung des anteiligen Betrages bei zeitweiliger Arbeitsunfähigkeit.
Hat der Geschädigte seinen Jahresurlaub vor dem schädigenden Ereignis noch nicht vollständig aufgebraucht, sondern lediglich einige Urlaubstage genommen, ist der im zweiten Schritt ermittelte Betrag in einem dritten Schritt zu reduzieren.
 

Rz. 294

 

Rz. 295

Die Berechnung geht in den vorstehenden ersten beiden Schritten davon aus, dass der Geschädigte den gesamten ihm zustehenden Jahresurlaub bereits (teilweise) genommen hat. Hat der Geschädigte lediglich einen Anteil davon genommen, ist der im zweiten Schritt ermittelte Betrag entsprechend zu reduzieren.[245]

 

Rz. 295a

Zu Lehrern ist folgendes anzumerken: Lehrer haben zwar ebenso wie Beamten denselben Anspruch auf Urlaub, müssen diesen aber in der unterrichtsfreien Zeit (Schulferien) nehmen. Bei unterjährigem Ausfall ergibt sich der anteilige Urlaubsentgeltanspruch dann aus dem Verhältnis der Ferienzeiten während der Erkrankung im Verhältnis zur Gesamtferienzeit im Kalenderjahr.[246]

 
3. Schritt: Korrektur bei noch nicht vollständig verbrauchtem Urlaub
  auf die zeitweilige ­Arbeitsunfähigkeit ­entfallendes Urlaubsentgelt * noch nicht genommene Jahresurlaubstage = Schaden  
Jahresurlaubsanspruch
 

Rz. 296

 

Beispiel 5.8

(Berechnung orientiert sich an BGH v. 13.8.2013)[247]

Die bei Arbeitgeber A angestellte Physiotherapeutin B verunfallt am 18.10.2009. A verlangt den Ersatz seiner Aufwendungen für die Entgeltfortzahlung in der Zeit vom 19.10. bis 10.12.2009 i.H.v. 1.258,55 EUR sowie Ersatz des auf die krankheitsbedingt ausgefallenen Arbeitstage entfallenden Urlaubsentgelts für die Jahre 2009 und 2010.

B war in der Zeit vom 18.10.2009 bis 30.6.2011 arbeitsunfähig. Das Arbeitsverhältnis endet zum 31.3.2011.

Ausgangsdaten:[248]

 
  2009 2010
Jahreseinkommen 28.091,52 EUR 28.091,52 EUR
Jahresarbeitstage (6-Tage-Woche) 253 Arbeitstage 255 Arbeitstage
jährlicher Urlaubsanspruch (6-Tage-Woche) 30 Urlaubstage 30 Urlaubstage
bereits genommene Urlaubstage 27 Urlaubstage 0 Urlaubstage
unfallkausal (§ 287 ZPO) nicht genommen 3 Urlaubstage 30 Urlaubstage
Lohnfortzahlung 42 Kalendertage 0 Kalendertage
unfallkausale (§ 287 ZPO) Arbeitsunfähigkeit 44 Arbeitstage 211 Arbeitstage

Berechnung:

 

1. Berechnung 2009

Die Arbeitnehmerin B war nur für einen Teil des Jahres (18.10.2009 – 31.12.2009) arbeitsunfähig.
1. Schritt:
  28.091,52 EUR * 30 Urlaubstage = 3.779,13 EUR  
253 Jahresarbeitstage – 30 Jahresurlaubstage
2. Schritt:
  3.779,13 EUR * 44 unfallbedingt ausgefallene Arbeitstage = 745,66 EUR  
253 Jahresarbeitstage – 30 Jahresurlaubstage

3. Schritt:

Da die Geschädigte B von den ihr grundsätzlich zustehenden 30 Urlaubstagen 3 Urlaubstage nicht genommen hat, ist ein Zehntel des Betrages (3/30), d.h. 74,57 EUR anzusetzen.
  745,66 EUR * 3 offene Urlaubstage = 74,57 EUR  
30 Urlaubstage

2. Berechnung 2010

Die Arbeitnehmerin B war das gesamte Jahr 2010 arbeitsunfähig.
1. Schritt:
  28.091,52 EUR * 30 Urlaubstage = 3.745,54 EUR  
255 Jahresarbeitstage – 30 Jahresurlaubstage
 
2. Schritt:
  3.745,54 EUR * 211 unfallbedingt ausgefallene Arbeitstage = 3.512,48 EUR  
255 Jahresarbeitstage – 30 Jahresurlaubstage

3. Schritt:

Da die Geschädigte B die ihr in 2010 zustehenden 30 Urlaubstage nicht genommen hat, entfällt eine Anteilsberechnung.
 

Rz. 297

 

§ 7 BUrlG – Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs

(3) 1Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden.

2Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.

3Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden.

4Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kale...

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