Rz. 20

Die Verkehrsbehörden dürfen Tatsachen weitgehend unabhängig von der Frage, ob sie rechtmäßig gewonnen wurden, verwerten. Da das Verwaltungsrecht keine Regelungen über Verwertungsverbote kennt (auch nicht über die nach § 98 VwGO oder § 173 VwGO anzuwendenden Bestimmungen der ZPO), ist im Einzelfall abzuwägen, ob höherwertige Rechtsgüter die Verwertung von Beweisergebnissen unabweisbar machen.[19] Beim Umfang des heutigen Verkehrs kommt den Belangen der Verkehrssicherheit im Rahmen einer solchen Abwägung ein hohes Gewicht zu.[20] Die in § 136a Abs. 3 S. 2 StPO geregelten Beweisverwertungsverbote sind jedoch als rechtsstaatlicher Kernbereich auch im Verwaltungsrecht zu beachten.[21]

 

Rz. 21

Unzulässig ist die Verwertung von Beweisergebnissen, die entsprechend den in § 136a StPO verbotenen Methoden gewonnen wurden, also Misshandlung, Ermüdung, körperliche Eingriffe, Verabreichung von Mitteln, Quälerei, Täuschung oder Hypnose.

 

Rz. 22

Zulässig ist die Verwertung von Beweisergebnissen, die nicht unter Verletzung elementarer rechtsstaatlicher Schutzvorschriften gewonnen wurden:

Tagebuchaufzeichnungen einer verstorbenen Person[22]
Erkenntnisse, die ohne Belehrung über das Aussageverweigerungsrecht im Strafverfahren gewonnen wurden[23]
Verstoß gegen Richtervorbehalt bei Blutentnahme (§ 81a Abs. 2 StPO).[24] Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings erhebliche Bedenken dagegen manifestiert, wenn in st. Rspr. bei der Entziehung von Fahrerlaubnissen generell die Verwertung von Erkenntnissen akzeptiert wird, die auf Blutentnahmen beruhen, welche unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt nach § 81a Abs. 2 StPO gewonnen wurden.[25]
[19] Geiger, Auswirkungen des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts auf das Verkehrsverwaltungsrecht, DAR 2010, 373/375 f.; ders. Aktuelle Probleme des Fahrerlaubnisrechts, VBlBW 2004, 1/2.
[20] NdsOVG v. 27.10.2000, NJW 2001, 459; VG Sigmaringen v. 24.4.2004, 9 K 470/04.
[21] BVerwG v. 8.12.1986, NJW 1987, 1350; zustimmend: Geiger, DAR 2010, 375; a.A. NdsOVG v. 27.10.2000, NJW 2001, 459 – auch insoweit Interessenabwägung.
[22] VGH BW v. 16.6.2003, NJW 2003, 3004; VG Freiburg v. 23.1.2003, VBlBW 2002, 405.
[23] VGH BW v. 16.5.2007, NZV 2008, 55.
[24] NdsOVG v. 16.12.2009, zfs 2010, 114; VGH BW v. 21.6.2010, zfs 2010, 474; BayVGH v. 28.1.2010, 11 CS 09.1443.
[25] BVerfG, Beschl. vom 28.6.2014, 1 BvR 1837/12, NJW 2015, 1005.

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