Rz. 43

Wie die Rechtsposition des Schlusserben bei wechselbezüglichen Verfügungen ab dem Tod des erststerbenden Ehegatten zu qualifizieren ist, ist streitig. Der überlebende Ehegatte ist gem. §§ 2270 Abs. 2, 2271 Abs. 2 BGB an seine Verfügung gebunden. In der Literatur wird die Rechtsstellung des Schlusserben teils als Anwartschaft – nicht Anwartschaftsrecht – bezeichnet,[30] teils als rechtlich begründete Aussicht.[31]

 

Rz. 44

Ein Vertrag über die Rechtsposition des Schlusserben wäre gem. § 311b Abs. 4 BGB nichtig. Allerdings lässt der BGH eine Feststellungsklage des Schlusserben bereits zu Lebzeiten des überlebenden Ehegatten zu, falls der Überlebende das Testament anficht.[32] Dies hat der BGH im Falle der Anfechtung einer Vermächtnisanordnung entschieden.[33]

 

Hinweis

Eine Feststellungsklage, dass eine Vermächtnisanordnung in einem gemeinschaftlichen Testament durch Anfechtung nicht unwirksam geworden ist, ist zulässig.

 

Rz. 45

Gründe für die Unwirksamkeit könnten bspw. sein, dass ein Anfechtungsgrund nicht vorliegt, dass der Anfechtende nicht geschäftsfähig war, dass Formalien, etwa eine Frist, nicht eingehalten wurde.

Trotz Bindung des Überlebenden gem. § 2271 Abs. 2 BGB an die Schlusserbeinsetzung, hat der Schlusserbe kein Anwartschaftsrecht, weil auch der gebundene Erblasser gem. § 2286 BGB frei unter Lebenden über den gesamten Nachlass (Eigenvermögen und Nachlass des Erstverstorbenen) verfügen kann.

[30] RGRK, § 2269 Rn 23; Jauernig/Stürner, § 2269 Rn 5; Soergel/Wolf, § 2269 Rn 23.
[31] MüKo/Musielak, § 2269 Rn 32.
[32] BGHZ 37, 331.
[33] BGHZ 37, 331.

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