Rz. 241

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil war rechtsfehlerhaft, soweit das Berufungsgericht annahm, die Beklagte habe der Klägerin für die Ausfallzeit über den bereits gezahlten Betrag hinaus keine weitere Entschädigung zu leisten.

 

Rz. 242

Der durch die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs bedingte Nutzungsausfall ist regelmäßig ein nach § 249 Abs. 2 BGB zu ersetzender Schaden. Der Schädiger hat ihn jedoch nicht unbegrenzt zu ersetzen. Mietwagenkosten sind grundsätzlich nur insoweit zu ersetzen, als dies tatsächlich zur Herstellung des Zustands erforderlich ist, der ohne die Schädigung bestehen würde. Zur Herstellung erforderlich sind nur die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen. Davon, wie sich der Nutzungsbedarf des Geschädigten im Einzelfall während der Entbehrung tatsächlich gestaltet hat, hängt u.a. ab, ob dieser sich im Zweifel mit dem inzwischen in der Praxis eingespielten Pauschalbetrag begnügen muss oder ob er einen höheren Aufwand für Mietwagen oder Taxen beanspruchen kann (Senatsurt. v. 23.3.1976 – VI ZR 41/74, BGHZ 66, 239, 249; v. 10.3.2009 – VI ZR 211/08, zfs 2009, 564 = VersR 2009, 697 Rn 9).

 

Rz. 243

Das Berufungsgericht stellte darauf ab, dass die Anmietung eines Mietwagens unterhalb einer gewissen Kilometerleistung unwirtschaftlich sei und ein Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten deshalb nicht bestehe. Dem konnte in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Ob eine Maßnahme des Geschädigten zur Schadensbeseitigung unwirtschaftlich ist, kann nur mit Blick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Es ist nicht zu beanstanden, wenn insoweit bestimmte Fallgruppen gebildet werden, die die Beurteilung erleichtern, weil nicht jedem einzelnen Umstand des Schadensfalls eingehend nachgegangen werden muss. Nicht zu billigen ist aber, dass bestimmte Fallgruppen, in denen die Erforderlichkeit eines jederzeit verfügbaren Kraftfahrzeugs bei natürlicher Beurteilung auf der Hand liegt, einer undifferenzierten Beurteilung aufgrund eines untauglichen Maßstabs unterzogen werden.

 

Rz. 244

Zwar kann sich daraus, dass ein Fahrzeug nur für geringe Fahrleistungen benötigt wird, die Unwirtschaftlichkeit der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs ergeben. Bei gewissen Sachverhalten kann aber alleine die Notwendigkeit der ständigen Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs rechtfertigen, ohne dass es auf die gefahrene Kilometerleistung ankommt.

 

Rz. 245

Ob ein solcher Sachverhalt im Streitfall vorlag, konnte auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen vom Revisionsgericht nicht beurteilt werden. Deshalb war darauf abzustellen, dass das Berufungsgericht fehlerhaft seine Beurteilung, das Wirtschaftlichkeitsgebot sei nicht eingehalten, alleine auf die tägliche Kilometerleistung gestützt hat. Für die weitere Verhandlung und Entscheidung wird zu beachten sein, dass die Klägerin als Geschädigte zur Erforderlichkeit der Inanspruchnahme eines Mietwagens konkret vortragen muss.

 

Rz. 246

Es wird sodann zu prüfen sein, ob die Klägerin den Mietvertrag mit den erheblichen laufenden Kosten aufrechterhalten durfte, als sie feststellte, dass sie Schwierigkeiten bei der Bedienung des Mietfahrzeugs hatte, so dass sie es nur noch in geringem Umfang benutzte. Insoweit spricht einiges für die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Klägerin – zumindest nach Ablauf eines angemessenen Beurteilungszeitraums – eine preiswertere Möglichkeit hätte suchen müssen. Bedenken gegen die Höhe der Ersatzforderung können sich auch daraus ergeben, dass die Anmietung des Ersatzfahrzeugs zu einem Unfallersatztarif erfolgte.

 

Rz. 247

Sämtliche angesprochenen Fragen können nur im Zusammenhang tatrichterlich beurteilt werden.

 

Rz. 248

Von Rechtsfehlern beeinflusst war auch die Auffassung des Berufungsgerichts, einem Geschädigten, dem kein Anspruch auf Ersatz von aufgewendeten Mietwagenkosten zustehe, könne nicht (hilfsweise) eine Nutzungsentschädigung zugesprochen werden.

 

Rz. 249

Mit Recht beanstandete die Revision, dass das Berufungsgericht in der Zuerkennung einer Nutzungsausfallentschädigung durch das Amtsgericht einen Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO gesehen hatte. Nach dieser Vorschrift ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Ungeachtet der Frage, ob es sich bei der Geltendmachung einer Nutzungsausfallentschädigung anstatt eines (nicht durchsetzbaren) Anspruchs auf Ersatz höherer Mietwagenkosten überhaupt um einen anderen Streitgegenstand handelt, wovon auszugehen sein könnte, wenn beide Ansprüche in einem Alternativverhältnis stünden, galt hier Folgendes:

 

Rz. 250

Das Amtsgericht hatte mit Beschluss vom 8.10.2010 die Parteien darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass ein Anspruch auf Er...

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