Rz. 257

BGH, Urt. v. 5.3.2013 – VI ZR 245/11, VersR 2013, 730

Zitat

BGB §§ 249 Abs. 2 S. 1, 254 Abs. 2 S. 1, 398; RDG § 5 Abs. 1; ZPO § 287 Abs. 1

a) Liegen keine Umstände vor, aus denen ohne weiteres ersichtlich ist, dass es sich um einen Unfall handelt, bei dem die Einziehung einer abgetretenen Schadensersatzforderung durch ein Mietwagenunternehmen nicht erlaubt ist, ist die Abtretung nicht deshalb wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz unwirksam, weil noch nicht feststeht, wie sich der Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherer einlässt.
b) Zu allgemeinen unfallspezifischen Kostenfaktoren, die den Ersatz eines höheren Mietpreises rechtfertigen können (hier: Eil- und Notsituation, Vorfinanzierung, Winterreifen), sowie zum Abzug für Eigenersparnis.

a) Der Fall

 

Rz. 258

Die Klägerin, eine Autovermietung, verlangte von dem beklagten Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer in 17 Fällen aus abgetretenem Recht der Geschädigten Ersatz restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall. Die volle Einstandspflicht der Beklagten stand außer Streit.

 

Rz. 259

Die Geschädigten mieteten jeweils bei der Klägerin für die Zeit des schädigungsbedingten Ausfalls ihres Kraftfahrzeugs ein Ersatzfahrzeug an. Diese ließ sich bei der Anmietung die Schadensersatzansprüche auf Erstattung der Mietwagenkosten gegen die Schädiger und das Versicherungsunternehmen sicherungshalber abtreten. Die Verkehrsunfälle und die Abtretungen datieren zwischen Dezember 2007 und Mai 2009. In zwei Schadensfällen ereignete sich der Verkehrsunfall vor dem 1.7.2008, wobei die vor diesem Zeitpunkt getroffenen Abtretungsvereinbarungen im August/September 2009 erneut abgeschlossen wurden.

 

Rz. 260

Die Beklagte erstattete die geltend gemachten Mietwagenkosten nur zum Teil. Die Klägerin machte die auf die erteilten Rechnungen verbleibenden Restbeträge geltend, der Höhe nach jedoch beschränkt auf die Mietwagenkosten, die sich als Normaltarif nach der Automietpreis-Schwacke-Liste 2007 ergaben, erhöht um die im Einzelfall angefallenen zusätzlichen Nebenkosten (für Winterreifen, Zustellung und Abholung des Mietfahrzeugs, Vollkasko-Schutz, Navigationssysteme, Anhängerkupplungen usw.) sowie um einen pauschalen Zuschlag von 20 % für ein Unfallersatzwagen-Geschäft. Dem geltend gemachten Anspruch in Höhe von insgesamt 8.322,35 EUR hat das Landgericht hinsichtlich eines Teilbetrags von 5.547,29 EUR stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Klage in Höhe weiterer 1.367,40 EUR zugesprochen; die Anschlussberufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgten die Parteien ihr Begehren auf vollständige Verurteilung beziehungsweise Klagabweisung weiter.

b) Die rechtliche Beurteilung

 

Rz. 261

Die Beurteilung des Berufungsgerichts hielt revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Klägerin allerdings aktivlegitimiert, weil sie eine jedenfalls nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubte Rechtsdienstleistung vorgenommen hat.

 

Rz. 262

Die Abtretungen waren in allen Fällen nach dem am 1.7.2008 in Kraft getretenen Rechtsdienstleistungsgesetz zu beurteilen, weil die vor diesem Zeitpunkt getroffenen Abtretungsvereinbarungen im August/September 2009 erneut abgeschlossen wurden. Die Forderungen, welche Gegenstand der Abtretungen waren, waren auch hinreichend bestimmt, weil jeweils nur die Schadensersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten nach dem konkret benannten Schadensereignis abgetreten wurde. Eine Bezifferung des Schadensersatzanspruchs war im Zeitpunkt der Abtretungserklärung weder möglich noch erforderlich.

 

Rz. 263

Zutreffend hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass die Abtretungsvereinbarungen jedenfalls deshalb wirksam sind, weil die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von Mietwagenkosten gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 RDG grundsätzlich erlaubt ist, wenn – wie hier – allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist.

 

Rz. 264

Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Abtretung nicht deshalb unwirksam, weil die Abtretung zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem noch nicht geklärt war, ob und wie sich der Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherer einlässt. Die Abtretung als solche ist ein neutrales Geschäft, welches nicht per se gegen ein Verbotsgesetz (§ 134 BGB) verstößt. Sie wäre allenfalls unwirksam, wenn sie von vornherein auf eine nicht erlaubte Rechtsdienstleistung zielte. Dies ist bei der Abtretung eines Schadensersatzanspruchs auf Erstattung von Mietwagenkosten nicht der Fall, weil die Einziehung dieses Anspruchs durch das Mietwagenunternehmen gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 RDG grundsätzlich erlaubt ist, wenn allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist. Liegen mithin keine Umstände vor, aus denen (objektiv) ohne weiteres ersichtlich ist, dass es sich um einen Unfall handelt, bei dem die Einziehung einer abgetretenen Schadensersatzforderung durch ein Mietwagenunternehmen nicht erlaubt ist, ...

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