Rz. 194

Strittig ist, ob materielle Rechtsmäßigkeitsvoraussetzung für den Anspruchsübergang die Rechtmäßigkeit der erbrachten Leistungen[330] ist. Das BVerwG führte früher zu diesem Problem aus, dass eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung nur dann geboten sei, wenn die Voraussetzungen für den Sozialhilfeanspruch und den überzuleitenden Anspruch wesentlich unterschiedlich seien.[331] Das dürfte bei Ansprüchen aus Erbfall und Schenkung stets der Fall sein. Stets soll es auf die Rechtmäßigkeit ankommen, wenn durch den Anspruchsübergang die Belange des Dritten in unzulässiger Weise verkürzt würden.[332] Gemeint ist damit, dass die Verpflichtung des Dritten erst durch die (rechtswidrige) Gewährung der Hilfeleistung verursacht wurde, ohne diese nicht entstanden wäre und der Dritte damit in besonderer Weise schutzbedürftig ist.[333]

 

Rz. 195

Zum Teil wird vertreten, dass schützenswerte Belange des Leistungsempfängers nicht dadurch verletzt werden, ob die Leistung rechtmäßig oder rechtswidrig erbracht wurde. Der Leistungsträger habe aber zu beachten, dass aufgrund des abschließenden Charakters von §§ 45, 50 SGB X die Leistung vorrangig vom Leistungsempfänger selbst zu fordern seien.[334] Letzteres ist der zutreffende Lösungsansatz. Aus der sozialrechtlichen Binnensystematik im Allgemeinen und der grundsicherungsrechtlichen Leistungsstörungssystematik im sozialhilferechtlichen Leistungsverhältnis im Besonderen ergibt sich, dass rechtswidrige Leistungen grundsätzlich über § 45 SGB X zu "reparieren" sind und nicht über einen sozialhilferechtlichen Regress gegen einen Dritten.[335]

[330] So z.B.: LSG NRW v. 18.2.2020 – Az.: L 2 AS 1130/16 (BSG B 14 AS 243/20 B).
[331] BVerwG v. 27.10.1977 – Az.: 5 C 9.77, BVerwGE 55, 23; BVerwG NDV 1987, 197 f.
[332] BVerwG v. 4.6.1992 – Az.:5 C 57/1988, NDV 1993, 25.
[333] Schlegel/Voelzke/Grote-Seifert, juris-PK SGB II, § 33 Rn 34 m.w.N.
[334] Eicher/Luik/Silbermann, SGB II, § 33 Rn 15.
[335] Mit ausführlicher Begründung ebenso Münder, LPK-SGB II, § 33 Rn 10.

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