Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer Bewilligung von Grundsicherungsleistungen bei bedarfsdeckendem Einkommen bzw. Vermögen des Antragstellers

 

Orientierungssatz

1. Stehen dem Antragsteller für Leistungen der Grundsicherung im Bewilligungszeitraum zu Beginn eines jeden Monats ausreichend Einkommen bzw. Vermögen gegenüber, so ist mangels bestehender Hilfebedürftigkeit ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach §§ 7, 9 SGB 2 ausgeschlossen.

2. Darlehen, die an die Darlehensgeber zurückzuzahlen sind, stellen als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung grundsätzlich kein Einkommen dar, auch wenn sie als bereits Mittel zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwendet werden könnten (BSG Urteil vom 17. 6. 2010, B 14 AS 46/09).

3. Steht dem Antragsteller im Bewilligungszeitraum sofort verfügbares und verwertbares Vermögen in Höhe des Bedarfs zur Verfügung, so ist ein Anspruch auf Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung nach §§ 9, 12 SGB 2 ausgeschlossen.

4. Vorhandenes zu verwertendes und verwertbares Vermögen ist in den Existenzsicherungssystemen des SGB 2 und SGB 12 so lange zu berücksichtigen, wie es tatsächlich vorhanden ist (BSG Urteil vom 30. 7. 2008, B 14 AS 14/08 B). Kann der Antragsteller einen abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag jederzeit kündigen und kurzfristig über die Versicherungssumme verfügen, so stehen ihm hierzu bereits Mittel für den Lebensunterhalt zur Verfügung, mit der Folge, dass ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung ausgeschlossen ist.

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.03.2016 abgeändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Klägerin in der Zeit vom 01.01.2015 bis zum 30.11.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zustehen.

Die am 00.00.1957 geborene Klägerin bezog - damals in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrer am 00.00.1991 geborenen Tochter J lebend - bis Februar 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von dem Beklagten. Zu ihrem Fortzahlungsantrag vom 01.01.2010 reichte sie mit Datum vom 01.02.2010 ausgefüllte Antragsformulare ein, worauf der Beklagte mit Bescheid vom 05.02.2010 weiterhin Leistungen für die Zeit von März bis August 2010 bewilligte. Am 12.04.2010 teilte die Klägerin eine Änderung in ihren persönlichen Verhältnissen mit: Sie habe einen Erbanspruch "durch" ihre verstorbene Mutter. Dem fügte sie einen Kontoauszug, betreffend den 8.04. und 09.04.2010 bei, wonach ihrem Girokonto aufgrund einer internen Buchung 10.000,00 Euro gutgeschrieben worden waren, sowie den am 24.02.2010 ausgestellten und am 26.03.2010 ausgefertigten Erbschein des Amtsgerichts E: Die am 01.02.2010 verstorbene M N, geboren am 00.00.1933, sei allein beerbt worden von ihrer Tochter, der Klägerin. Zum 30.04.2010 stellte daraufhin der Beklagte die Zahlungen vorläufig ein. Im Rahmen der von der Klägerin eingeforderten Mitwirkungsverpflichtungen belegte diese, dass das Erbe Guthaben auf drei Konten bei der Stadtsparkasse in Höhe von insgesamt 166.931,00 Euro einschließlich bis zum Todestag aufgelaufener Zinsen umfasste sowie ein lastenfreies Sondereigentum an einer 47,24 qm großen Eigentumswohnung einschließlich entsprechender Miteigentumsanteile. Insoweit erfolgte die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin am 15.04.2010. Weitere Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Erbe ergriff der Beklagte nicht.

Am 08.10.2013 sprach die Klägerin, die ab dem 01.05.2010 keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende mehr erhalten hatte, erneut bei dem Beklagten vor. Ausweislich eines Aktenvermerks erkundigte sie sich, ob ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II bestehe. Sie teilte mit - ohne dies im Einzelnen zu belegen -, dass sie vor Jahren von ihrer Mutter ein Vermögen geerbt habe. Davon seien noch 17.000,00 Euro übrig. Sie habe auch eine "abbezahlte Eigentumswohnung" geerbt, in der ihre Tochter J mietfrei wohne. Sie, die Klägerin, zahle lediglich das Hausgeld für die Eigentumswohnung. Sie "besitze" zudem einen Personenkraftwagen, den sie drei Jahre zuvor zu einem Kaufpreis von 12.000,00 Euro gegen Barzahlung erworben habe. Nach dem Hinweis des Beklagten, dass der Vermögensfreibetrag mit dem angegebenen Vermögen überschritten werde und die nicht selbst genutzte Immobilie gegebenenfalls zu veräußern sei, ein Leistungsanspruch mithin derzeit nicht bestehe, stellte die Klägerin keinen Leistungsantrag.

Knapp einen Monat nach der Vorsprache bei dem Beklagten übertrug die Klägerin die Eigentumswohnung durch notariellen Vertrag vom 04.11.2013 schenkweise an ihre Tochter. In dem notariellen Vertrag war der Verkehrswert der Wohnung mit 75.000,- Euro beziffert.

Eine erneute Vorsprache der Klägerin erfolgte am 11.02.2014 bei dem Beklagten. Sie begehrte nunmehr Leistungen nach dem SGB II. Zu ihren finanziellen Verhältnissen trug sie vor, sie habe 2010 von ...

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