Rz. 210

Grundsätzlich kann man auch den Versuch machen, aus vorhandenen, nicht geschonten Mitteln geschontes Vermögen zu machen. Fraglich dazu ist, ob es vor dem einsetzenden Leistungsbezug eine Obliegenheit gibt, Geld nur so auszugeben, dass es möglichst lange reicht, den notwendigen Leistungsbezug möglichst weit hinausschiebt und verlangt, dass von vorhandenem – an sich verwertbarem Vermögen – so lange wie möglich gezehrt wird.

 

Rz. 211

Grundsätzlich – so die Rechtsprechung – gibt es keine Rechtsgrundlage, die dem Bürger aufgibt, sein Vermögen in einer Weise aufzuteilen, dass der Bezug von Sozialleistungen möglichst weit hinausgeschoben wird. "Derartiges würde dazu führen, dass die Vorschriften des SGB II nicht nur für Bedürftige, sondern auch für weite Teile der Bevölkerung gelten würden, die gar nicht unter die Vorschriften des SGB II fallen und nicht bedürftig sind." Eine dergestalt weite Auslegung des SGB II ist jedenfalls mit Artikel 2 Grundgesetz nicht vereinbar. Deswegen ist ein Bürger vor dem Leistungsbezug grundsätzlich berechtigt, "mit seinem Vermögen nach eigenem Gutdünken umzugehen."[342] Es obliegt nach LSG Baden-Württemberg auch nicht den staatlichen Stellen zu prüfen, ob die Hilfebedürftigkeit nachvollziehbar, naiv, unbedacht oder moralisch verwerflich entstanden sei. Die Grenze sei vielmehr erst da zu ziehen, wo Vermögen kausal zum Zwecke der Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit verschwendet werde.[343]

Das bedeutet, Lebensführungsfehler des Leistungsberechtigten durch individuelle Ausgabeentscheidungen des Betroffenen können Leistungseinschränkungen oder gar eine völlige Hilfeablehnung nur dann rechtfertigen, wenn das Gesetz solche Rechtsfolgen für dieses Verhalten ausdrücklich vorsieht.[344] Solche Normen existieren aber nicht, sondern es gibt nur gesetzlichen Grundlagen, mit denen der Nachrang der Sozialhilfe zumindest teilweise wiederhergestellt werden soll.

[342] SG Düsseldorf v. 31.8.2015 – Az.: S 35 AS 257/15 Rn 18, juris für den Verkauf einer Eigentumswohnung und Anschaffung von Möbeln im Wert von 40.000 EUR bei "luxuriösem Lebensstil".
[344] Rothkegel, Sozialhilferecht, II 3 Rn 15.

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