I. Vorbemerkung

 

Rz. 290

Die Vollkaskoversicherung erweitert die Risiken der Teilkaskoversicherung um zwei wesentliche Schadenursachen:

Unfall und
mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen.
 

Rz. 291

Versichert sind sämtliche Schäden, die auf einen Unfall oder auf mutwillige oder böswillige Handlungen Dritter zurückzuführen sind. Ersatzpflichtig sind allerdings nur die Schäden, die durch die Verwirklichung der Tat entstanden sind und damit in einem adäquaten Zusammenhang stehen.[427]

 

Rz. 292

Mutwillige Beschädigungen nach einem Diebstahl sind nicht Gegenstand der Teilkaskoversicherung, sie sind nur in der Vollkaskoversicherung versichert.[428]

[427] BGH – IV ZR 212/05, VersR 2006, 968 = r+s 2006; Prölss/Martin/Knappmann, A.2.2 AKB Rn 7 m.w.N.
[428] BGH – IV ZR 212/05, VersR 2006, 968 = r+s 2006; Prölss/Martin/Knappmann, A.2.2 AKB Rn 7 m.w.N.

II. Unfall (A.2.3.2 AKB 2008)

1. Definition

 

Rz. 293

Unfall ist "ein unmittelbar von außen her plötzlich mit mechanischer Gewalt [auf ein Fahrzeug] einwirkendes Ereignis" (A.2.3.2 AKB 2008).

Es sind daher folgende Kriterien zu erfüllen:

unmittelbar,
von außen her,
plötzlich,
mit mechanischer Gewalt,
einwirkendes Ereignis.
 

Rz. 294

Ein plötzliches Schadenereignis liegt dann vor, wenn sich der Vorfall in einem kurzen Zeitraum abspielt und für den Versicherungsnehmer objektiv unerwartet und unvorhersehbar war.[429] Nur die Einwirkung des Schadenereignisses selbst muss plötzlich erfolgen, es reicht aus, wenn die unvorhersehbaren Einwirkungen allmählich eintreten.[430]

[429] BGH – IV a ZR 88/83, VersR 1985, 177; Stiefel/Maier/Stadler, AKB A.2.3 Rn 18.
[430] OLG Hamm – 20 U 271/88, VersR 1990, 82.

2. Schadenereignis

 

Rz. 295

Das Schadenereignis muss von außen her auf das Fahrzeug einwirken. Es besteht daher kein Versicherungsschutz, wenn der Schaden auf einen inneren Betriebsvorgang zurückzuführen ist. Insoweit enthält A.2.3.2 AKB 2008 in einem gesonderten Absatz eine Vielzahl von Schadenursachen, die nicht unter den Unfallbegriff fallen:

Zitat

"Nicht als Unfallschäden gelten insbesondere Schäden aufgrund eines Brems- oder Betriebsvorgangs oder reine Bruchschäden. Dazu zählen zum Beispiel Schäden am Fahrzeug durch rutschende Ladung oder durch Abnutzung, Verwindungsschäden, Schäden aufgrund von Bedienungsfehlern oder Überbeanspruchung des Fahrzeuges und Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug ohne Einwirkung von außen".

 

Rz. 296

Unfreiwilligkeit gehört nicht zum Unfallbegriff.[431]

[431] OLG Köln – 9 U 164/03, r+s 2004, 321; OLG Saarbrücken – 5 U 161/04, r+s 2005, 12.

3. Rechtsprechung

 

Rz. 297

Wenn der Motor eines Muldenkippers zu Schaden kommt, weil der Abschlussdeckel des Trockenansaugluftfilters bei Fahrten auf unwegsamem Gelände beschädigt wird, liegt ein Betriebsschaden vor.[432]
Wenn ein Fahrzeug durch einen Betriebsvorgang umstürzt, ist der Unfallbegriff erfüllt,[433] z.B. beim Abkippen von Ladegut[434] oder beim Befahren einer wegen zu hohen Grasbewuchses nicht sichtbaren Böschung[435] oder bei plötzlichem Nachgeben des befestigten Bodens.[436]
Schäden, die nach dem Umkippen eines Lkw durch den Aufschlag auf den Boden entstehen, sind Unfallschäden und keine Betriebsschäden.[437]
Es liegt ein versicherter Unfallschaden vor, wenn ein Fahrzeug nach Betätigung der Feststellbremse in einen Weiher rollt.[438]
Das Aufspringen der Motorhaube ist ein nicht versicherter Betriebsschaden.[439] Wenn die Motorhaube aufgrund eines vorangegangenen Unfalls aufspringt, ist von einem versicherten Unfallschaden auszugehen.[440]
Der Anstoß gegen einen Stein oder eine Bordsteinkante fällt unter den Unfallbegriff.[441]
Wenn Unfallschäden vorliegen, wird der Versicherer nur dann leistungsfrei, wenn er Vorsatz beweist.[442]
Wird ein Unfall durch Spurrillen verursacht, liegt ein ersatzpflichtiger Unfallschaden vor.[443]
Bei Zusammenstoß eines Traktors mit dem Frontballastgewicht liegt kein Unfall vor, weil es sich insoweit um ein Fahrzeugteil handelt.[444]
Reifenplatzer durch eingedrungene Fremdkörper führen zu einem versicherten Unfallereignis.[445]
Ein Reifenplatzer, der durch Verschleiß, insbesondere durch mehrfaches Überfahren einer Bordsteinkante, entsteht, ist kein versichertes Unfallereignis.[446]
Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug sind kein versicherter Unfallschaden.[447]
[432] OLG Frankfurt, r+s 1994, 165 mit umfassender Rechtsprechungsübersicht.
[433] OLG Nürnberg, r+s 1994, 166 m.w.N.
[434] BGH, r+s 1998, 9; OLG Nürnberg SP 1997, 206 = VersR 1997, 1480; OLG Koblenz r+s 1999, 405; OLG Jena r+s 2004, 185 = MDR 2004, 750.
[435] OLG München, SP 1997, 207.
[436] OLG Rostock, SP 1998, 435; OLG Celle, r+s 1999, 360.
[437] BGH, r+s 1998, 9 = VersR 1998, 179 = DAR 1998, 310.
[438] OLG Koblenz – 10 U 622/08, r+s 2010, 285.
[439] LG Ravensburg – 1 S 92/10, r+s 2010, 463.
[440] OLG Koblenz, 10 U 1452/12, VersR 2014, 1371.
[442] OLG Naumburg, 4 U 10/12, r+s 2014, 8.
[443] BGH, IV ZR 21/11, r+s 2013, 166.
[444] BGH, IV ZR 62/12, VersR 2013, 993.
[445] LG Karlsruhe, 9 U 95/12, SP 2014, 20.
[446] OLG Ham...

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