Rz. 30

Besonders bei steuerlicher Fehlberatung ist es häufig nicht gerechtfertigt, mittels des Anscheinsbeweises anzunehmen, dass die Pflichtverletzung für den behaupteten Schaden ursächlich war, weil dem Mandanten bei sachgerechtem Handeln des Beraters mehrere Handlungsalternativen zur Verfügung standen. Der Umstand, dass der Steuerberater den Verkauf eines Grundstücks fehlerhaft als steuerlich unschädlich bezeichnet hat und der Mandant weder aus wirtschaftlichen noch aus sonstigen Gründen zu einer Veräußerung gezwungen war, begründet keinen Anscheinsbeweis dafür, dass er bei sachgerechter Beratung vom Verkauf abgesehen hätte. Dies gilt selbst dann, wenn er erwarten konnte, bei einer späteren Veräußerung einen deutlich höheren Gewinn zu erzielen. Da zahlreiche Faktoren für die Entscheidung, ein Grundstück zu veräußern oder es zu behalten, bedeutsam werden können, ist in diesen Fällen grds. von einem Sachverhalt auszugehen, der nicht die Annahme eines Anscheinsbeweises rechtfertigt.[55] Behauptet der Mandant, er hätte bei zutreffender steuerlicher Beratung die nachteiligen Folgen einer Betriebsaufspaltung vermieden, indem er wesentlich Teile des Betriebsvermögens auf seine Ehefrau übertragen hätte, muss er dies nach § 287 ZPO beweisen, weil in einem solchen Falle auch andere vernünftige Verhaltensweisen in Betracht kommen.[56] Wird die Auftraggeberin nicht hinreichend über das Risiko einer verdeckten Sacheinlage belehrt, scheidet ein Anscheinsbeweis für ihr Verhalten bei richtiger Beratung aus, wenn für Gesellschafter oder Geschäftsführer mehrere vertretbare Handlungsalternativen in Betracht kamen.[57]

[55] BGH, NJW 2009, 1591 Rn 13.
[56] BGH, 20.3.2008 – IX ZR 104/05, WM 2008, 1042, 1043 f.; weitere Fallbeispiele aus dem Steuerrecht bei Zugehör, WM 2010, Sonderbeilage 1, S. 18.
[57] BGH, 19.5.2009 – IX ZR 43/08, WM 2009, 1376, 1377 f. Rn 15 f.

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