Rz. 9

Die Verabschiedung und Umsetzung der VerschmelzungsRL war auch unter steuerlichen und Kostenaspekten ein großer Schritt für die Mobilität der Gesellschaften, da die Alternativen zu einer grenzüberschreitenden Verschmelzung, die Liquidation der zu überführenden Gesellschaft verbunden mit der Neugründung einer GmbH im Zielland bzw. die rein faktische Überführung des Geschäftsbetriebs auf die neue Gesellschaft, mit relevanten Nachteilen verbunden sind. Zum einen kommt es nicht zu einer Gesamtrechtsnachfolge, so dass sämtliche Verträge seitens der Zielgesellschaft neu abgeschlossen werden müssen. Zum anderen käme es bei einer Liquidation zur Aufdeckung der stillen Reserven bzw. stünde bei einer rein faktischen Verlagerung des Geschäftsbetriebs auf die neue Gesellschaft, bei der schlicht alle Neuverträge durch die neue Gesellschaft abgeschlossen werden, eine verdeckte Gewinnausschüttung mit entsprechenden steuerlichen Konsequenzen im Raum.[42] Die grenzüberschreitende Verschmelzung lässt sich hingegen ertragssteuerneutral vornehmen, da unter bestimmten Voraussetzungen die Fortführung der Buchwerte möglich ist.[43]

 

Rz. 10

Auch das vielfach praktizierte sog. Anwachsungsmodell[44] führt jedenfalls zu nicht unerheblichen Mehrkosten.[45] Hierzu beteiligt sich eine ausländische Gesellschaft z.B. als alleiniger Kommanditist an einer deutschen "GmbH" & Co. KG. Das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers wird durch eine nationale Verschmelzung auf diese GmbH & Co. KG übertragen. Anschließend scheidet die Komplementär-GmbH aus der KG aus, so dass dem als Alleingesellschafter verbleibenden ausländischen Kommanditisten das Gesellschaftsvermögen der KG gem. § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB anwächst (Gesamtrechtsnachfolge). Erhält die ausscheidende GmbH keine Anteile am Kommanditisten, sind §§ 20 ff. UmwStG nicht anwendbar. Denn für die Anwendbarkeit von §§ 20 ff. UmwStG (Buchwertfortführung) ist es erforderlich, dass die GmbH nicht entschädigungslos ausscheidet, sondern ihre Gesellschaftsanteile im Rahmen einer Kapitalmaßnahme in die Gesellschaft einbringt, bei welcher das Vermögen der KG sodann anwächst (erweiterte Anwachsung), da unter diesen Voraussetzungen neue Gesellschaftsanteile als Gegenleistung für die Übertragung von Mitunternehmeranteilen gewährt werden.[46]

[42] Vgl. zu den steuerlichen Aspekten Herrler/Schneider, Von der Limited zur GmbH, Rn 68 ff.
[43] Im deutschen Recht, also für den Fall der Hereinverschmelzung, gelten die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 UmwStG. Die Verschmelzung ist allerdings auch mit Nachteilen verbunden, u.a. ihr hoher formaler Aufwand sowie die Haftung des übernehmenden Rechtsträgers für sämtliche Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers, welche bei Einzelrechtsübertragungen nicht besteht (vgl. zu diesen und weiteren Vor- und Nachteilen im Vergleich Umwandlung – Einzelrechtsübertragung: Mayer, in: Widmann/Mayer, Anhang 5 Rn 5 ff., Stand Mai 2010).
[44] Vgl. zu den möglichen Spielarten Stengel, in: Haritz/Menner/Bilitewski, UmwStG, Einf. A Rn 57 ff., sowie zur Durchführung im Einzelnen Mayer, in: Widmann/Mayer, Anhang 5 Rn 469 ff., Stand Mai 2010.
[45] Zu den steuerlichen Konsequenzen vgl. Menner, in: Haritz/Menner/Bilitewski, UmwStG, § 20 Rn 79 ff. m.w.N.
[46] Vgl. Schmitt, in: Schmitt/Hörtnagl, § 20 UmwStG Rn 195 m.w.N.

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