Rz. 110

In Literatur und Rechtsprechung ist bislang unstreitig, dass der Testamentsvollstrecker von ihm eingeschaltete Vermögensverwalter zu kontrollieren hat. Soweit ersichtlich, wird bislang jedoch nicht erörtert, welche Kriterien der Testamentsvollstrecker in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen hat. Nach dem Grundsatz des sichersten Weges, die letztendlich auch im Interesse des Nachlasses liegt, sollte der Testamentsvollstrecker jedenfalls die nachfolgenden Hilfsmittel und Grundsätze kennen und berücksichtigen.

a) Qualitätsberichte

 

Rz. 111

Im deutschsprachigen Raum haben sich zwei Qualitätsberichte etabliert, die "Elite der Vermögensverwalter im deutschsprachigen Raum"[70] sowie der "Fuchs-Report".[71] Es kann davon ausgegangen werden, dass die Berichte von den positiv bewerteten Instituten an Interessierten als kostenlose Expertise weitergegeben werden. Die Notenbildung ergibt sich, nachvollzogen am Fuchs-Report, aus den Aspekten Anlagevorschlag mit Performancemessung, dem Beratungsgespräch und der Vertrauensbasis. Zu den Teilaspekten gehören u.a. die Qualifikation der Berater, die Evaluation der Kundensituation, der Ablauf eines Beratungsgesprächs, die Individualität des Vorschlags, die Transparenz von Kosten sowie die Produktneutralität. Auch bei kritischer Distanz darf konstatiert werden, dass der Qualitätswettbewerb sicherlich positive Impulse durch diese Vergleiche erhält.

 

Praxishinweis

Schon aus eigenem Interesse an der Vermeidung einer persönlichen Haftung sollte der Testamentsvollstrecker die von ihm getroffene Auswahlentscheidung anhand dieser Qualitätsberichte dokumentieren. Es ist selbstverständlich, dass diese Berichte keine Garantie für zukünftige Leistungen sind. Ferner kommt es – wie so oft – auf die Expertise der Teams vor Ort an.

[70] 5. Jhg. 2008, zu beziehen über www.geopolitical.biz.
[71] www.fuchsreport.de.

b) Überwachung der Einhaltung der MiFID durch den Testamentsvollstrecker

aa) Allgemeine Grundlagen

 

Rz. 112

Zum 1.11.2007 trat das "Grundgesetz der Finanzmärkte", die EU-Richtlinie über Märkte und Finanzinstrumente (kurz: MiFID)[72] auch für Deutschland in Kraft.

Wesentliche Ziele der MiFID sind die Erhöhung der Transparenz im Markt, die Stärkung des Wettbewerbs unter den Anbietern von Finanzdienstleistungen sowie vor allem eine Verbesserung und die EU-weite Vereinheitlichung des Anlegerschutzes. Direkt betroffen sind so genannten Wertpapierfirmen, die unter der Aufsicht des Gesetzgebers stehen. Zu dieser Gruppe der beaufsichtigten Unternehmen gehören u.a. Kreditinstitute, Fondssparplattformen, beaufsichtigte Anlageberater und Vermögensverwalter. Darüber hinaus sind auch Handelsplattformen (Börsen) betroffen.

 

Praxishinweis

Nicht unter die MiFID fallen jedoch geschlossene Fonds und unabhängige Investmentvermittler. Diese fallen somit aus der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin heraus. Dies sollte der Testamentsvollstrecker bei seiner Auswahl beachten.

[72] Die MiFID = Markets.in.Financial.Instruments.Directive Finanzmarktrichtlinie gehen auf einen Beschluss der EU-Kommission vom 21.4.2004 zurück. In Deutschland erfolgte die Implementierung über das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) im Jahresverlauf 2007.

bb) Angemessenheits- und Geeignetheitsprüfung

 

Rz. 113

Im Rahmen dieser Prüfung hat jeder unter die Regelungen der MiFID fallende Anbieter eine Klassifizierung seiner Kunden in die Gruppen Privatkunden, Professionals und Eligible Counterparties (geeignete Gegenparteien) vorzunehmen. Jeder Kunde muss zudem über seine Einstufung informiert werden und kann eine Herauf- oder Herabstufung beantragen. Privatkunden müssen seither wesentlich umfangreicher befragt werden als früher. Die Klassifizierung bildet die Basis für die Aufklärungspflichten. In der Anlageberatung unterscheidet man zwei Prüfebenen. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung soll sich der Berater darüber Vergewisserung verschaffen, ob der Kunde aufgrund seiner Kenntnisse und Erfahrungen die mit dem Geschäft verbundenen Risiken verstehen kann. Bei der Geeignetheitsprüfung ist zu beurteilen, ob das konkrete Geschäft den Anlagezielen (Anlagezweck, Anlagedauer, Risikobereitschaft) des Kunden entspricht und die Risiken für ihn finanziell tragbar sind. Die Beurteilung ist auf die Gesamtvermögensstruktur und die geplante Anlagedauer des Depotinhabers abzustellen. Die Finanzdienstleister sind zu umfangreichen Dokumentationen verpflichtet. Sofern der Kunde die Auskunft über erforderliche Kundenangaben verweigert, darf das Wertpapierdienstleistungsunternehmen keine Anlageberatung durchführen (§ 31 Abs. 4 S. 3 WpHG).

 

Rz. 114

Im Anlagegeschäft werden Kunden mit einer Fülle von Unterlagen vertraut gemacht, welche im Ergebnis – gleichsam wie der Medikamentenzettel – alle Risiken und Nebenwirkungen eines Anlagevehikels dezidiert darzustellen versuchen. Für die Aufgabenstellung eines Testamentsvollstreckers kommt u.E. der Geeignetheitsprüfung eine besondere Aufmerksamkeit zu. Die Vorgaben für die Beurteilung der Geeignetheit finden sich in § 64 Abs. 3 S. 1 WpHG, Art. 54 Abs. 2 MiFID II-DVO. Folgende Aspekte sind zu beachten:

Das Finanzinstrument entspricht den Anlagezi...

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