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Ein Blick in die Vermögensbilanz vieler vermögender Privatanleger offenbart den Befund einer hohen Immobilienquote. Die unterschiedlichen Erhebungen siedeln den Anteil zwischen 60–80 % am Bruttovermögenswert an. Gleichzeitig gehört diese Anlageklasse zu den am stärksten mit Fremdfinanzierung gehebelten Anlageformen. Weitere Kennzeichen sind die tradierte und erst in jüngerer Zeit entfallenden staatlichen Subventionen (degressive Abschreibung für vermietete Immobilie, Baukindergeld und Eigenheimzulage voller Schuldzinsenabzug, Progressionsvorbehalt bei ausländischen Immobilienerträgen). Historisch machte die staatliche Unterstützung des privaten Wohnungsbaus Sinn, mussten die Kollateralschäden des zweiten Weltkrieges verdaut und die Eigentumsbildung langfristig gefördert werden. Dass Subventionen auch zu einer massiven Fehlallokation von Finanzmitteln führten zeigte sich in der Echodekade nach der Wiedervereinigung. Die Investitionszulage von in der Spitze 50 % ließ fast jede gewerbliche Immobilienbeteiligung in den neuen Bundesländern auch für Kleinstanleger lukrativ erscheinen. Ein volkswirtschaftlicher Stachel betraf die Immobilieninvestoren aus den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Das knappe Gut Boden erwies sich als probates Mittel gegen die hohe Inflation und der Begriff "Betongold" etablierte sich zur Chiffre eines sinnvollen Antipools vor der drohenden Geldvernichtung auch vor dem Hintergrund unzureichender Realverzinsung. Sie ergibt sich entsprechend einer etablierten Definition aus der Differenz von Nominalzins und Inflationsrate. Im Gegensatz zu den gängigen Kapitalmarktinstrumenten mussten Immobilieneigentümer drei bittere Erfahrungen sammeln: es gibt keinen geregelten Markt für die oft großvolumigen Abschnitte ("Verkehrsfähigkeit"), das Gut Immobilie ist schwer vergleichbar ("Standardisierte Geldanlage") und eine Immobilie nutzt sich ab respektive muss veränderten Nachfrageverhalten angepasst werden (Stichwort: Instandhaltung und Sanierung). Mit der Erbschaft- und Schenkungsteuerreform orientiert sich der Bewertungsansatz am Verkehrswert der Immobilie mit einem Abschlag von 10 %.[21]

[21] Der Grundbesitz ist mit dem nach § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BewG auf den Bewertungsstichtag festgestellten Wert anzusetzen. Auf die Schwierigkeiten der Wertermittlung in der Praxis sei hier nur hingewiesen. Ferner kommt es auch zu einer veränderten Sichtweise bei gewerblich geprägten Immobilienfonds. Manche Initiatoren warben hier offensiv mit dem "Betriebsvermögensprivileg". Zukünftig muss der Anleger selbst gewerblich tätig sein, ansonsten mit der Würdigung als Verwaltungsvermögen der Verkehrswertansatz wieder zu Geltung kommt.

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