Rz. 177

Der Versicherungsnehmer, der in aller Regel besser über die zu versichernde Sache informiert ist als der Versicherer, hat grundsätzlich selbst anzugeben, in welchem Umfang und mit welcher Versicherungssumme er ein bestimmtes Risiko abzudecken wünscht.[187]

Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung[188] und Literatur[189] bestehen beim Abschluss von Gebäude- und Feuerversicherungsverträgen gesteigerte Hinweis- und Beratungspflichten für den Versicherer (siehe auch Rdn 31 ff.).

 

Rz. 178

Grundvoraussetzung für die dem Versicherungsnehmer obliegende Verantwortung der mitgeteilten Versicherungssumme ist eine sachgerechte Aufklärung durch den Versicherer bzw. seinen Vertreter beim Abschluss des Versicherungsvertrages. Im Einzelnen muss darüber aufgeklärt werden, welche Werte für die Versicherung maßgebend sind und aufgrund welcher zeitlichen Wertbasis diese Werte zugrunde gelegt werden müssen.

 

Rz. 179

Die Beratung kann auch dahingehen, dem Versicherungsnehmer zu empfehlen, einen Sachverständigen zur Bestimmung der erforderlichen Versicherungssumme hinzuzuziehen.[190] Dies gilt insbesondere dann, wenn der Versicherungswert auf der Basis von 1914 zu ermitteln ist. Ein Versicherungsnehmer ist mit der Bestimmung des richtigen Versicherungswertes 1914 in aller Regel überfordert.[191] Zum Versicherungswert 1914 wird auf die Ausführungen zur Gleitenden Neuwertversicherung verwiesen (Wohngebäudeversicherung, siehe § 4 Rdn 137 ff.).

 

Rz. 180

Eine Verletzung der Hinweis-, Aufklärungs- und Beratungspflicht durch den Versicherer oder den Versicherungsvertreter kann dazu führen, dass der Versicherer gehindert ist, sich auf Unterversicherung zu berufen[192] (siehe Rdn 37 f.).

[187] OLG Koblenz r+s 1997, 93 ff.
[188] Grundlegend BGH VersR 1989, 472, 473; BGH v. 3.2.2011 – IV ZR 171/09, VersR 2011, 622 f. (für Versicherungsvertreter); OLG Stuttgart v. 30.3.2011 – 3 U 192/10, IBR 2011, 729 (für Versicherungsmakler).
[189] Langheid/Rixecker/Rixecker, § 6 Rn 12; Langheid/Wandt/Armbrüster, § 6 Rn 211.
[190] BGH VersR 1989, 472; OLG Celle VersR 1995, 333; OLG Düsseldorf v. 11.5.2010, r+s 2011, 158–161.
[192] BGH v. 3.2.2011 – IV ZR 171/09, VersR 2011, 622 f.; OLG Koblenz r+s 1997, 93 ff.

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