Rz. 47

Es ist davon auszugehen, dass Trinken von Alkohol als solches von der Rechtsordnung nicht missbilligt wird. Rechtlich relevant wird Alkoholkonsum erst dann, wenn ein Zusammenhang mit dem Straßenverkehr besteht bzw. die Steuerungsfähigkeit durch den Konsum eingeschränkt oder aufgehoben ist. In § 13 FeV ist geregelt, ab wann ein fahrerlaubnisrechtlich bedeutsamer Alkoholkonsum anzunehmen ist.

 

Praxistipp

Ein offenes Gespräch mit dem Mandanten bewahrt vor einer "falschen Strategie" im Rahmen der Eignungsprüfung. Es ist häufig auch bei Alkoholproblemen für den Mandanten hilfreich, wenn keine Beschönigung erfolgt, sondern auf die folgenden Schwierigkeiten klar hingewiesen wird. Denn nur wenn die Aussichten realistisch eingeschätzt werden können, ist auch das Ziel der Vertretung wiederum bestimmbar. Und an dem Erreichen der gesetzten Ziele wird die anwaltliche Vertretung gemessen.

 

Rz. 48

Begriffe wie Alkoholproblematik, Alkoholiker, Alkoholmissbrauch u.ä. werden unscharf und uneinheitlich, teilweise ohne medizinische Grundlage verwendet. Daher hat die Behörde Überprüfungsmaßnahmen einzuleiten, um ein "Alkoholproblem" zu überprüfen.

 

Hinweis

Für den Fall einer aktuellen Alkoholabhängigkeit ist ohne Abstinenznachweis grundsätzlich von der Ungeeignetheit der Betroffenen auszugehen. Das betrifft nicht nur das Führen von Fahrzeugen (also auch Fahrrädern etc.), sondern auch das von fahrerlaubnisfreien und fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen.

Grundsätzlich kann die Fahrerlaubnisbehörde immer dann von einer Ungeeignetheit ausgehen, wenn der letzte Konsum bei einer diagnostizierten Abhängigkeit weniger als ein Jahr zurückliegt, da ein Jahr Abstinenz in der Regel nach den Begutachtungsleitlinien und Beurteilungskriterien[62] eine Grundvoraussetzung für eine positive Begutachtung ist. Die Behörde ist dann berechtigt, ein ärztliches Gutachten unter Berücksichtigung der Regelungen des § 11 FeV anzuordnen mit der Fragestellung, ob eine Alkoholabhängigkeit vorliegt. Das VerwG Bayreuth[63] hält eine differenziertere Fragestellung für notwendig, die die jeweiligen Grundlagen für die Gutachterentscheidung umfassen soll. Der Gutachter kann entweder die notwendigen Kriterien nach ICD-10 für das zurückliegende Jahr diagnostizieren und eine bestehende Alkoholabhängigkeit feststellen oder keine akute Abhängigkeit feststellen, sondern lediglich eine Alkoholproblematik, die auf die Möglichkeit eines Alkoholmissbrauchs hinweist.

 

Rz. 49

Als ärztliche Gutachter kommen entsprechend § 11 Abs. 2 S. 3 FeV nur in Betracht

ein Arzt einer Begutachtungsstelle für Fahreignung,
Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie mit suchtmedizinischer Kompetenz (verkehrsmedizinische Qualifikation erforderlich),
Fachärzte für Nervenheilkunde mit suchtmedizinischer Kompetenz (verkehrsmedizinische Qualifikation erforderlich),
Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie (verkehrsmedizinische Qualifikation erforderlich) und
der Arzt eines Gesundheitsamtes.

Hat ein "unqualifizierter" Arzt/Gutachter dennoch ein Gutachten erstellt, ist dieses nicht zugrunde zu legen. Damit ist die darauf basierende Entscheidung der Behörde angreifbar. Im Übrigen gelten die üblichen Anforderungen an Sachverständigengutachten.

[62] Schubert/Dittmann/Brenner-Hartmann, Urteilsbildung in der medizinisch-psychologischen Fahreignungsdiagnostik – Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013.
[63] VG Bayreuth v. 26.8.2013 – B 1 S 13.562, BeckRS 2013, 57642.

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