Rz. 20

Der Verkäufer hat nach Abschn. VI. Nr. 2 NWVB das Recht, vom Vertrag zurückzutreten, wenn sich der Käufer mit der Kaufpreiszahlung in Verzug befindet. Er kann daneben gem. § 325 BGB auch einen Anspruch auf Schadensersatz oder den Ersatz vergeblicher Aufwendungen gegen den Käufer geltend machen.

 

Rz. 21

Hat der Verkäufer von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht, steht ihm ein Anspruch auf Rückgewähr des Fahrzeugs gegen den Käufer zu. In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob die weitere Benutzung des Fahrzeugs durch den Vorbehaltskäufer einen Verfügungsgrund i.S.d. § 935 ZPO darstellt, so dass eine vorläufige Sicherstellung erfolgen kann.

Nach einer Meinung[28] stellt die bloße Weiterbenutzung des Kaufgegenstandes durch den Käufer nach Rücktritt des Verkäufers vom Kaufvertrag keine Gefährdung des Herausgabeanspruchs dar. Ein Verfügungsgrund sei nur bei übermäßiger Benutzung, die eine Substanzveränderung bewirke, gegeben.

Nach anderer Ansicht[29] ist diese Einstufung lebensfremd, da ein Kraftfahrzeug, anders als etwa ein Schrank, durch schlichten Weitergebrauch und damit höhere Abnutzung sowie Kilometerleistung, nicht nur unerheblich an Wert verliere. Daher sei eine Sicherstellung im Rahmen der einstweiligen Verfügung gerechtfertigt.

 

Rz. 22

Die letztgenannte Ansicht lässt die Besonderheiten des Eilverfahrens außer Acht, das seine Rechtfertigung darin findet, den Antragsteller vor wesentlicher Erschwerung oder Vereitelung der ihm zustehenden Rechte durch den Schuldner zu schützen. Allein durch rechtsuntreues Verhalten ausgelöste Erschwerungen reichen nicht aus. Die Wertverschlechterung durch Weitergebrauch stellt keine solche Rechtserschwerung oder -vereitelung in wirtschaftlicher Hinsicht dar, um einen Verfügungsgrund anzunehmen. Der Gläubiger ist insoweit auf das Hauptverfahren zu verweisen. Eine so nachhaltige Beeinträchtigung des Fahrzeugs in seiner Sachsubstanz, dass der Herausgabeanspruch wirtschaftlich ausgehöhlt wird, ist allein durch die weitere bestimmungsgemäße Nutzung des Wagens unter normalen Umständen nicht zu befürchten. Daher ist mit der erstgenannten Meinung eine Sicherstellung durch einstweilige Verfügung seitens des Verkäufers nicht möglich.[30]

 

Rz. 23

Die Rücktrittsregelung wirft auch in Bezug auf ihre Vereinbarkeit mit § 449 Abs. 2 BGB in zweierlei Hinsicht Fragen auf.

Berechtigterweise wird eingewandt, die Klausel erwecke den Eindruck, der Verkäufer habe sich vertraglich darauf beschränkt, nur aufgrund des Zahlungsverzuges vom Vertrag zurückzutreten und nicht auch nach § 324 BGB, etwa wegen unsachgemäßer Behandlung, Überlassung an Dritte oder pflichtwidriger Weiterveräußerung durch den Käufer. § 449 Abs. 2 BGB stehe einem solchen Verständnis nicht im Wege, da er keine entsprechende Einschränkung enthalte. Eine Unwirksamkeit der Klausel kommt jedoch nicht in Betracht, da eine unangemessene Benachteiligung des Käufers durch die für den Verkäufer nachteilige Formulierung ausscheidet.[31]

 

Rz. 24

Auslöser für weitere Bedenken ergeben sich daraus, dass § 449 Abs. 2 BGB im Gegensatz zu § 455 BGB a.F. nicht die Vermutung der Vereinbarung eines vertraglichen Rücktrittsrechts enthält, so dass die gesetzlichen Rücktrittsvoraussetzungen des § 323 BGB, wie z.B. eine Nachfristsetzung, vorliegen müssen. Demzufolge kann das gesetzliche Leitbild vor der Schuldrechtsreform, der Rücktritt ohne Fristsetzung, nachher nicht mehr wirksam mittels Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden.[32] Abschn. VI. Nr. 2 S. 1 NWVB verstößt daher gegen § 309 Nr. 4 BGB und ist demzufolge unwirksam. Das bisherige gesetzliche Leitbild vor der Schuldrechtsreform, nämlich der Rücktritt ohne Fristsetzung, kann folglich nach der Schuldrechtsreform nicht mehr wirksam durch Einbeziehung entsprechender Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden.

 

Rz. 25

Im unternehmerischen Geschäftsverkehr findet nach § 310 Abs. 1 S. 1, 2 BGB in den Fällen des § 309 BGB nur eine Beurteilung der Unwirksamkeit danach statt, ob eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 BGB vorliegt, wobei allerdings eine angemessene Rücksichtnahme auf die Gewohnheiten und Gebräuche des Handelsverkehrs zu erfolgen hat. Die Abwägung anhand einer generalisierenden Betrachtung kann unter diesen veränderten Vorzeichen zu einem Überwiegen des Sicherungsinteresses des Verkäufers der Sache gegen weiteren Wertverlust infolge Abnutzung, gegenüber dem Interesse des Käufers an der Nutzung der Sache führen.[33]

 

Rz. 26

In Anlehnung an die verbraucherrechtliche Vorschrift des § 503 Abs. 2 S. 4 BGB ist in Abschn. VI Nr. 2 S. 2 NWVB geregelt, dass sich Verkäufer und Käufer darüber einig sind, dass der Verkäufer den gewöhnlichen Verkaufswert des Fahrzeugs im Rücknahmezeitpunkt vergütet.[34] Die Einigung betrifft die Anrechnung und nicht die Höhe des gewöhnlichen Verkaufswertes.[35] Unter dem gewöhnlichen Verkaufswert ist der Preis zu verstehen, der bei freihändigem Verkauf erzielbar ist, im Gegensatz zum Händlereinkaufspreis, dem regelmäßig niedrigeren B...

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