Rz. 210
Nach § 309 Nr. 10 BGB sind solche Vertragsbedingungen grundsätzlich unwirksam, nach denen ein Dritter bei Kauf-, Dienst-, Darlehens- oder Werkverträgen anstelle des Verwenders in den Vertrag eintritt oder eintreten kann.
Rz. 211
Die Person des Verwenders ist für den Vertragspartner einer der wesentlichen Bestandteile der gegenseitigen vertraglichen Beziehung. Der Kunde wählt den Verwender – d.h. seinen Vertragspartner – regelmäßig nicht nur aufgrund der angebotenen Leistung und der von ihm zu erbringenden Gegenleistung aus, sondern auch aufgrund des Eindrucks, den er von seinem zukünftigen Vertragspartner während der Vertragsverhandlungen gewonnen hat, insbesondere seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und seiner persönlichen Zuverlässigkeit. Zweck des § 309 Nr. 10 BGB ist es, zu verhindern, dass durch eine Vertragsbedingung die Person des Leistenden entweder schon bei Vertragschluss oder nach diesem von der Person des den Vertrag abschließenden Verwenders abweicht.
Rz. 212
§ 309 Nr. 10 BGB ist grundsätzlich nur auf die in der Vorschrift genannten Kauf-, Dienst- und Werkverträge anwendbar. Aufgrund der hohen Ähnlichkeit zu Werk- und Kaufvertrag fällt nach überzeugender Auffassung auch der Werklieferungsvertrag in den Anwendungsbereich des Klauselverbots. Teilweise soll dies aufgrund der sachlichen Nähe zum Dienstvertragsrecht auch für Geschäftsbesorgungsverträge gelten. Bei jeder Ausdehnung des Anwendungsbereiches ist jedoch zu beachten, dass dies eine erhebliche Einschränkung der Gestaltungsfreiheit des Verwenders zur Folge hat. Insoweit wird man die Klauselverbote generell restriktiv handhaben müssen. Wenn der Gesetzgeber den Anwendungsbereich ausdrücklich auf Kauf-, Dienst- und Werkverträge beschränkt, so ist diese Wertung bei der Feststellung des Anwendungsbereichs der Norm zu berücksichtigen, mit der Konsequenz, dass eine Anwendung des § 309 Nr. 10 BGB auf jede Art von Geschäftsbesorgungsvertrag nicht gerechtfertigt ist.
Rz. 213
Im Übrigen gilt § 309 Nr. 10 BGB nicht für Miet- und Leasingverträge, sonstige Gebrauchsüberlassungsverträge, Reiseverträge und Lizenzverträge.
Rz. 214
In den Anwendungsbereich der Norm fallen alle Arten der Übertragung eines Vertrages im Ganzen, also die Vertragsübernahme sowie die Schuldübernahme.
Rz. 215
Von § 309 Nr. 10 nicht erfasst werden die folgenden Übertragungsarten:
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Abtretung; |
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Schuld- und Vertragsbeitritt, da der Verwender weiterhaftet; |
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Übertragung von gewerblichen Schutzrechten/Urheberrechten, da nur eine Rechtsübertragung stattfindet; |
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Hinzuziehung eines Erfüllungsgehilfen oder Vertreters, da hierdurch nicht die Person des Vertragspartners ausgetauscht wird; |
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Änderungen der Rechtspersönlichkeit des Verwenders durch Umwandlung, Umfirmierung oder Rechtsformwechsel, solange die Identität des Verwenders gewahrt bleibt; |
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Gesamtrechtsnachfolge, da das Vermögen auch nach der Rechtsnachfolge weiter als Haftungsmasse zur Verfügung steht; |
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Verschmelzung; |
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Teilgesamtrechtsnachfolge nach UmwG. |
Rz. 216
Die Unwirksamkeit der Vertragsbedingung tritt nicht ein, wenn der in den Vertrag eintretende Dritte bereits in den AGB namentlich bezeichnet wird. In diesem Fall weiß der Vertragspartner schon bei Vertragsschluss, dass ein bestimmter Dritter die vertragliche Leistung erbringen wird oder zumindest erbringen könnte, so dass er das Leistungs- und Zuverlässigkeitsrisiko besser abschätzen kann.
Rz. 217
Eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die den Wechsel des Vertragspartners vorsieht, ist auch dann wirksam einbezogen, wenn sie dem Vertragspartner gestattet, sich im Fall des Eintritts des Dritten vom Vertrag zu lösen. In diesem Fall ist der Vertragspartner nicht schutzbedürftig, da er über den Bestand des Vertrages unter Berücksichtigung des neuen Vertragspartners neu entscheiden kann. Teilweise wird befürwortet, dass dies nur für sofortige Lösungsrechte des Vertragspartners gilt.
Rz. 218
Bereits die unzureichende Einbeziehung der Ausnahmeregelungen des § 309 Nr. 10 lit. a, b BGB kann zur Unwirksamkeit der gesamten Vertragsbedingung führen.
Rz. 219
Kaufmännischer Geschäftsverkehr: Auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr sind Übertragungsklauseln i.S.d. § 309 Nr. 10 BGB grundsätzlich unzulässig. Eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB liegt dementsprechend vor, wenn das Interesse des Vertragspartners an der Vertragsabwicklung derart mit der Leistung durch den die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendenden Unternehmer verknüpft ist, dass dem anderen Vertragsteil eine Leistung durch einen Dritten unzumutbar ist. Des Weiteren ist von einer unangemessenen Benachteiligung eines Unternehmers auszugehen, wenn der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Unternehmer für sich eine wesentlich vorteilhaftere Nachfolgeregelung vorsieht als für seinen Geschäftspartner. Grundsätzlich ist das Interesse des Vertragspartners auch dann höher zu bewerten, wenn er sich mi...