Rz. 254

Für den gegenständlichen Umfang eines Landguts ist zunächst auf die Widmung[646] der einzelnen Vermögensgegenstände durch den Betriebsinhaber abzustellen. Entscheidend ist aber eine funktionale Betrachtungsweise.[647] Daher können z.B. solche Grundstücke, die ohne eine Beeinträchtigung des aus dem landwirtschaftlichen Betrieb zu erzielenden Ertrags aus dem Betriebsvermögen entnommen werden können, nicht unter die Privilegierung nach § 2312 BGB fallen.[648] Dies gilt insbesondere für praktisch baureife Grundstücke,[649] die ohnehin nicht bewirtschaftet werden, oder für zur Auskiesung bestimmte Grundstücke, für die bereits eine Abbaugenehmigung vorliegt.[650]

 

Rz. 255

Allein die Großstadtnähe und die dadurch bedingte besonders große Diskrepanz zwischen Ertragswert und Verkehrswert führt aber nicht zum Verlust der Landguteigenschaft;[651] maßgeblich ist vielmehr, dass die vom Normzweck privilegierte landwirtschaftliche Nutzung beibehalten und der höhere Verkehrswert beim gewöhnlichen Verlauf der Dinge nicht realisiert werden kann.[652] Etwas anderes dürfte aber gelten, wenn es sich um wertvolles Bau- oder Bauerwerbungsland handelt, dessen landwirtschaftliche Nutzung unter ökonomischen Gesichtspunkten eigentlich nicht vertretbar ist.[653] Eine Flächenstilllegung führt für sich allein nicht zum Verlust der Ertragswertprivilegierung.

[647] Kronthaler, Landgut, Ertragswert und Bewertung im bürgerlichen Recht, S. 123 ff.; J. Mayer, in: Mayer/Süß/Tanck/Bittler/Wälzholz, Handbuch Pflichtteilsrecht (1. Auflage 2003), § 5 Rn 178 m.w.N.
[648] Vgl. Damrau/Tanck/Riedel, § 2312 Rn 12.
[649] BGH v. 22.10.1986 – IVa ZR 143/85, BGHZ 98, 382, 388; Damrau/Tanck/Riedel, § 2312 Rn 12; Müller-Feldhammer, ZEV 1995, 161, 166, der dies sogar für Bauerwartungsland annimmt.
[651] BGH v. 12.1.1972 – IV ZR 124/70, BGH LM § 2312 BGB Nr. 2 = MDR 1972, 496; anders aber OLG Stuttgart v. 18.1.1967 – 13/6 U 194/63, NJW 1967, 2410.
[652] Strengere Anforderungen bei Soergel/Dieckmann, § 2312 Rn 13; MüKo-BGB/Lange, § 2312 Rn 4 und Kegel, Zum Pflichtteil vom Großgrundbesitz, in: FS Cohn, S. 111 ff., die darauf abstellen, dass die landwirtschaftliche Nutzung sinnvoll ist.
[653] Ebenso MüKo-BGB/Lange, § 2312 Rn 4.

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