Rz. 428

Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1c AÜG ist es – für Verleiher wie Entleiher – bußgeldbewehrt, wenn die Überlassung der Leiharbeitnehmer nicht ausdrücklich in dem Vertrag zwischen Entleiher und Verleiher als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet ist, bevor der Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig wird (siehe im Einzelnen zur Offenlegungspflicht Rdn 190 ff.). Ziel des Gesetzgebers ist es, hierdurch sogenannte Vorrats- oder Absicherungs-Arbeitnehmerüberlassungserlaubnisse auszuhebeln. Damit ist es nun nicht mehr, wie nach der bis 31.3.2017 geltenden Rechtslage, möglich, einen Scheinwerk- bzw. Scheindienstvertrag in eine Arbeitnehmerüberlassung unter gleichzeitiger Berufung auf eine dem Auftragnehmer (vorsorglich) erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung umzudeuten. Auf eine rechtmäßige, da von einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis gedeckte Arbeitnehmerüberlassung, sollen sich die Vertragsparteien nur dann berufen können, wenn sie den Vertrag im Vorfeld ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung deklariert haben.

Hiervon betroffen sind insbesondere Mitarbeiter von Dienstleistern, die in die Betriebsabläufe des Kunden stark integriert sind, ohne dass die Vertragsparteien dies bislang als Arbeitnehmerüberlassung qualifiziert haben bzw. als solche qualifizieren wollten. Vielfach verfügten bislang IT-Dienstleister, Engineering-Unternehmen, Caterer oder Promotion-Agenturen über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis für den Fall, dass eine zwischen ihnen und ihrem jeweiligen Kunden praktizierte Vertragsbeziehung zu einer Arbeitnehmerüberlassung umgedeutet wird.[1039] Für einen solchen Fall war der Kunde bis zum Inkrafttreten des neuen AÜG durch diese Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis vor etwaigen ihn treffenden Rechtsfolgen geschützt. Dies wird durch die Offenlegungspflicht nunmehr verhindert.[1040]

Ein Verstoß gegen § 16 Abs. 1 Nr. 1c AÜG wird nicht durch die Festhaltenserklärung des Leiharbeitnehmers nach § 9 Abs. 2 AÜG "geheilt".[1041]

Verstöße gegen § 16 Abs. 1 Nr. 1c AÜG werden mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 EUR geahndet. Zuständige Verwaltungsbehörden sind die Behörden der Zollverwaltung (vgl. § 16 Abs. 3 AÜG).

[1039] So Bertram, AIP 12/2015, 3, 6.
[1040] Nach einer Entscheidung des ArbG Mainz (Urt. v. 28.6.2018 – 3 Ca 111/18) soll die Offenlegungs- und Konkretisierungspflicht nicht für "Altverträge" gelten, also Verträge, die vor dem 1.4.2017 geschlossen wurden bzw. begonnen haben, aber darüber hinaus fortgesetzt werden. Dies wird u.a. damit begründet, dass die Übergangsvorschrift gemäß § 19 Abs. 2 AÜG ausschließlich eine Regelung zur Berechnung von Überlassungszeiten vor dem 1.4.2017 enthält. Die Bundesagentur für Arbeit vertritt diese Auffassung nicht. Nach Ziffer 1.1.6.7, Abs. 4 FW AÜG (Stand August 2019) gilt die Offenlegungspflicht auch für Verträge, die vor dem 1.4.2017 geschlossen und danach fortgeführt wurden. Hier sollte zur Vermeidung eines Bußgeldes der Ansicht der Bundesagentur für Arbeit gefolgt werden, bis eine höchstrichterliche Klärung der Frage vorliegt.
[1041] So ausdrücklich die Antwort der Bundesregierung vom 12.10.2016 auf die Kleine Anfrage von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 18/9944, 3: "Das Widerspruchsrecht legalisiert darüber hinaus nicht eine rechtswidrige Einsatzpraxis. Diese bleibt selbst bei einer wirksamen Ausübung des Widerspruchsrechts illegal und bußgeldbewehrt.".

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