Rz. 151

Beim Einsatz eines Leiharbeitnehmers im Entleiherbetrieb handelt es sich unabhängig von der Überlassungsdauer um eine nach § 99 Abs. 1 BetrVG, § 14 Abs. 3 AÜG mitbestimmungspflichtige Einstellung.[346] Dies gilt auch, wenn mehrere befristete Überlassungen nacheinander erfolgen oder die ursprünglich vorgesehene Überlassungsdauer verlängert wird.[347] Der Betriebsrat ist in derartigen Fällen jeweils gesondert um Zustimmung zu ersuchen. Die Rechtsprechung hat bereits vor Einführung der Überlassungshöchstdauer angenommen, dass ein Verstoß gegen das Verbot der Dauerüberlassung zur Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG berechtige, weil durch dieses einer Spaltung der Stammbelegschaft entgegenwirkt werden solle und die kollektiven Interessen der Belegschaft des Entleiherbetriebs gewahrt werden sollten (vgl. bereits oben Rdn 70).[348] Diese Begründung ist auf die Überlassungshöchstdauer übertragbar.[349] Die Rechtsprechung ist bereits unter Geltung des § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG a.F. davon ausgegangen, dass ein Verstoß gegen die Überlassungshöchstdauer ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats auslöste.[350] Hieran ändert auch nichts, dass bei einem Verstoß gegen die Überlassungshöchstdauer ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher fingiert wird. Der Fiktion misst die Rechtsprechung insoweit keine Bedeutung zu, weil das Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats und die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher unterschiedlichen Schutzzwecken dienten.[351] Während das Zustimmungsverweigerungsrecht vornehmlich den Interessen der Belegschaft des Einsatzbetriebs zu dienen bestimmt sei, werde durch das fingierte Arbeitsverhältnis der Leiharbeitnehmer geschützt. Entsprechendes dürfte auch für die Möglichkeit des Leiharbeitnehmers gelten, trotz Verstoß gegen die Überlassungshöchstdauer an dem Leiharbeitsvertrag mit dem Entleiher festzuhalten. Auch diese Regelung dient dem Schutz des Leiharbeitnehmers und nicht den Interessen der Belegschaft, sodass die Möglichkeit einer Festhaltenserklärung ein Zustimmungsverweigerungsrecht nicht auszuschließen vermag.[352]

 

Rz. 152

 

Praxishinweis

Im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG sind sowohl die geplante Überlassungsdauer wie auch in der Vergangenheit liegende Überlassungen (sofern diese auf die zulässige Überlassungshöchstdauer anzurechnen sind) mitzuteilen.[353] Insbesondere bei kurzfristigen Einsätzen von Leiharbeitnehmern kann der hierin liegende bürokratische Aufwand allerdings zu Problemen führen.

[346] BAG v. 9.3.2011 - 7 ABR 137/09, NZA 2011, 871. Vgl. auch LAG Hessen v. 3.11.2011 – 5 TaBV 70/11, BeckRS 2012, 68853, wonach selbst bei Bestehen einer Quotenregelung die Zustimmung des Entleiherbetriebsrats erforderlich sein soll.
[347] BAG v. 9.3.2011 - 7 ABR 137/09, NZA 2011, 871; vgl. auch Fitting u.a., § 99 Rn 58 m.w.N.
[349] So auch Fitting u.a., § 99 Rn 189g; GK-BetrVG/Raab, § 99 Rn 289; Schüren/Hamann/Hamann, § 14 Rn 247.
[352] So auch Fitting u.a., § 99 Rn 189h; A.A. Seel, öAT 2016, 27, 30, der eine Einordnung als Verbotsgesetz wegen der Möglichkeit der Festhaltenserklärung ablehnt.
[353] Vgl. Fitting u.a., § 99 Rn 189i m.w.N.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge