A. Grundsatz

I. Ausgangslage

 

Rz. 1

Die Übertragung von Vermögen vor und während einer bestehenden Ehe oder in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, ohne ausdrückliche Regelung der Voraussetzungen über die Rückübertragung oder über einen Ausgleich durch Wertersatz, ist weit verbreitet und üblich.

Differenzierter wird dies bei Vermögensübertragungen von Eltern auf Kinder – vornehmlich zur Ausschöpfung der schenkungs- und erbschaftssteuerlichen Freibeträge – gehandhabt. In diesen Eltern/Kind Konstellationen werden in der Mehrzahl aller Fälle Regelungen zur Rückübertragung unter anderem bei Verkauf oder unentgeltlicher Verfügung des übertragenen Vermögensgegenstandes (zumeist Grundstücke) ohne Zustimmung des Übertragenden, Vermögensverfall seitens des Kindes oder bei wirtschaftlicher Beeinträchtigung der Eltern getroffen.

 

Rz. 2

Die Frage des Notars oder Steuerberaters, ob die unbedingte Übertragung eines Grundstücks oder Wertanlagen auf die Kinder aufgrund der weitreichenden Folgen wirklich gewünscht ist, wird bei Übertragungen zwischen Ehegatten häufig so nicht gestellt, obwohl die Auseinandersetzungen zwischen Ehegatten noch wahrscheinlicher sind, als die unter Eltern und Kindern, deren verwandtschaftliche Bindungen beständiger und über das Erbrecht – insbesondere die Pflichtteilsregelungen – nicht so leicht zu lösen sind. Eine Trennung oder Scheidung mit der Beendigung insbesondere der erbrechtlichen Ansprüche ist demnach leichter zu gestalten. Somit sollte es naheliegend sein, bei Übertragung oder Zuwendung die Folgen zu regeln. Offenbar wird dies jedoch schon als der Anfang des Scheiterns eine Ehe oder Beziehung befürchtet.

II. Vermögensübertragung

1. Materielle Zuwendung

 

Rz. 3

Bei den Vermögensübertragungen geht es nicht nur um die Einräumung von Eigentum oder Miteigentum an bereits im Eigentum eines der Ehegatten stehenden bebauten oder auch unbebauten Grundstücken oder dem erstmaligen Erwerb bei Kauf von einem Dritten. Vielmehr sind sämtliche materiellen Zuwendungen zu betrachten, die zu einer Vermögensmehrung bei dem anderen Ehegatten oder Lebensgefährten geführt haben.

Hierunter zählen – grundstücksbezogen – die Finanzierung eines Grundstücks oder des Baues oder Ausbaues eines Gebäudes auf dem Grundstück durch einen der Ehegatten, der nicht Eigentümer dieses Grundstücks ist oder nur einen Miteigentumsanteil hat – nicht aber die durch die Arbeitsleistung erfolgte Wertschaffung.

2. Unbedachte oder bewusste Zuwendung

 

Rz. 4

Häufig ist auch die Anlegung eines gemeinsamen Bankkontos anzutreffen, bei dem beide Ehegatten gegenüber dem Bankinstitut gleichberechtigt mit oder auch ohne Zustimmung des anderen verfügen können (Und- oder Oder-Konto). Bei solchen Konten können als Unterkonten Anlage- und Wertpapierkonten geführt werden. Auch wenn nur ein Ehegatte Einzahlungen auf Giro-, Spar- oder Anlagekonten vornimmt, werden ohne ausdrückliche anderweitige Vereinbarung beide Kontoinhaber zu gleichen Teilen berechtigt. Diese Vermögenszuwendung wird häufig überhaupt nicht als solche erkannt, was auch schenkungssteuerliche Probleme aufwerfen kann.

Mitumfasst sind schließlich die offensichtlicheren Vermögensverteilungen wie die Abtretung eines Bankguthabens oder anderer Vermögenswerte oder der Übernahme der Zahlungen auf Lebensversicherungen oder Bausparverträge des anderen Ehegatten.

III. Vereinbarungen

 

Rz. 5

Die Gründe für solche Vermögensverteilungen sind unterschiedlich. Neben der schlichten Vorstellung, dass in einer Ehe das Vermögen zu teilen ist, können steuerliche oder haftungsrechtliche Aspekte eine Rolle spielen. Je genauer und präziser hierbei die Vorstellungen gefasst worden sind, umso einfacher wird eine gesonderte Vereinbarung zu erkennen sein, unter welchen Umständen ein Ausgleich oder eine Rückübertragung gefordert werden kann.

Bestehen solche Vereinbarungen, ist ein Ausgleich zwischen den Ehegatten vor Durchführung güterrechtlicher Regelungen vorzunehmen oder als Vermögensposition zu bewerten, als läge ein Vertrag zwischen einem der Ehegatten und einem Dritten vor. Bei einer Treuhandabrede, bei dem Vermögen nur aus haftungsrechtlichen Gründen an den anderen Ehegatten oder auch nichtehelichen Lebenspartner übertragen worden ist, kann ein dinglicher Rückübertragungsanspruch bestehen. Darlehen sind ebenfalls nach Kündigung zurück zu gewähren. Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen untereinander können nach den vertraglichen oder gesetzlichen Regelungen auseinandergesetzt werden.

IV. Eheliches Güterrecht/Leitgedanke

 

Rz. 6

Fehlen solche ausdrücklichen Vereinbarungen und ist die Vermögensdisposition zugunsten des anderen auch nicht unabhängig von Ehe oder Zusammenleben als Schenkung anzusehen, die unter den gesetzlichen normierten Voraussetzungen zurückgefordert werden kann, ist grundsätzlich ein Ausgleich zunächst innerhalb des ehelichen Güterrechts zu suchen.

Dabei gilt der Leitgedanke für sämtliche Güterstände und auch für die nichteheliche Lebensgemeinschaft, dass eine einmal getroffene Vermögensverfügung, die im Zeitraum des ehelichen oder auch nichtehelichen Zusammenlebens als richtig und zutreffend angesehen worden ist, nur in Ausnahmenfällen rückgängig gemacht werden oder einen...

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