a) Allgemeines

 

Rz. 51

Nach den Grundsätzen des Haftungsrechts hat der Patient gegen den behandelnden Arzt, der einen Behandlungsfehler begangen hat oder sofern die Aufklärung bzw. Einwilligung unterblieben ist, einen Schadensersatzanspruch aus dem hieraus resultierenden Schaden.[190] Dies gilt sowohl für die vertragliche als auch die außervertragliche Haftung und umfasst materielle wie immaterielle Schäden. Bezüglich des Schadens bestehen im Arzthaftungsprozess keinerlei Besonderheiten. Insofern ist der Schaden sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach entsprechend den üblichen zivilprozessualen Vorschriften vom Patienten darzutun und auch zu beweisen.[191]

[190] OLG Koblenz GesR 2010, 200, 202, 203.
[191] Zum Umfang des konkreten Schadens in subjektiv personeller Hinsicht bei ungewollter Schwangerschaft: BGH GesR 2007, 68 ("Implanon"®); zur Abgrenzung von Primär- und Sekundärschaden: BGH v. 12.2.2008 – VI ZR 221/06, n.v; zur Grundsatzfrage, ob ein menschliches Leben einen Schaden darstellen kann: BGH v. 2.4.2019 – VI ZR 13/18.

b) Schmerzensgeld

aa) Allgemeines

 

Rz. 52

Für die Arzthaftung kommt dem Schmerzensgeld besondere Bedeutung zu. Bei Verletzungen des Körpers und der Gesundheit wird im Allgemeinen auch die Person des Patienten immateriell geschädigt, z.B. durch die Erduldung von Schmerzen oder die Erleidung psychischer Unannehmlichkeiten. Diese Schäden können nur über ein Schmerzensgeld ausgeglichen werden, so dass die Forderung nach Schmerzensgeld auch eine zentrale Forderung des Arzthaftungsprozesses darstellt. Im Einzelnen ist auf allgemeine Ausführungen zum Schmerzensgeld, die auch außerhalb des Arzthaftungsrechts gelten, zu verweisen.

bb) Unbezifferter Schmerzensgeldantrag

 

Rz. 53

Die Höhe des Schmerzensgeldes ist vom Gericht nach freier Überzeugung gem. § 287 ZPO im Einzelfall festzustellen. Der Kläger ist nicht mehr dazu verpflichtet, einen Mindestbetrag oder eine Größenordnung anzugeben, so dass die Zulässigkeit einer Klage hiervon nicht berührt wird.[192]

[192] OLG Brandenburg GesR 2010, 610, 613: Bei der Bemessung von Schmerzensgeld ist die Ausgleichsfunktion zu beachten: Ausschlaggebend sind Höhe und Maß der Lebensbeeinträchtigung. Maßgeblich sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden, Entstellungen und psychische Beeinträchtigungen, Leiden und Schmerzen werden durch Primärverletzung, Zahl und Schwere der Operationen, Dauer der stationären und ambulanten Behandlungen, Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und Höhe des Dauerschadens bestimmt.

cc) Teilschmerzensgeld

 

Rz. 54

Grundsätzlich ist das Schmerzensgeld nach dem Gesetz einheitlich zu bemessen.[193] Der Zuspruch eines Teilschmerzensgeldes kommt nur dann in Betracht, wenn der Umfang des derzeitigen Körperschadens feststeht, die zukünftige Entwicklung jedoch noch ungewiss ist und somit das Schmerzensgeld noch nicht endgültig beurteilt werden kann.[194] Nach der Rechtsprechung kann auch ein ziffernmäßig oder sonst wie individualisierbarer Teilbetrag Gegenstand einer Teilklage sein, sofern erkennbar ist, um welchen Teil des Gesamtanspruchs es sich handelt. Das Teilschmerzensgeld muss lediglich abgrenzbar und eindeutig individualisierbar sein.[195] Aus diesem Grunde ist zu empfehlen, grundsätzlich neben einem Leistungsantrag (Schmerzensgeld) auch noch Feststellungsklage (immaterielle Zukunftsschäden) zu erheben.[196]

[193] OLG Hamm, OLGR 1991, 5; OLG München OLGR 1992, 83; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 927.
[194] OLG Hamm NJW-RR 1994, 991; OLG Stuttgart OLGR 2003, 311; OLG Karlsruhe VersR 2010, 924.
[196] OLG Naumburg GesR 2010, 373, 375; OLG Brandenburg GesR 2010, 610, 614: Kläger hat ein Feststellungsinteresse, wenn nach verständiger Würdigung damit zu rechnen ist, dass ein Schaden eintritt; OLG Hamm GesR 2013, 730.

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