Rz. 70

Zur Klärung der Frage, ob der behandelnde Arzt tatsächlich einen Fehler begangen hat, der zu einem konkreten Gesundheitsschaden geführt hat oder nicht, folgt nach Vervollständigung der Unterlagen die Sachverhaltsbewertung: Das Behandlungsgeschehen, d.h. der Tatsachenstoff, ist hinsichtlich seiner arzthaftungsrechtlichen Relevanz zu bewerten. Hierzu benötigt insbesondere der auf Aktivseite tätige Rechtsanwalt Hilfestellung.

a) Medizinische Fachliteratur

 

Rz. 71

In der medizinischen Fachliteratur ist fast alles, was auf dem Behandlungstisch geschieht, geschehen kann und geschehen sollte, eingehend beschrieben. Weitere Informationen kann man aus ähnlich gelagerten, von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen erhalten.

b) Ärztliche Beratung

 

Rz. 72

Jeder medizinisch noch so vorgebildete Rechtsanwalt bedarf der ärztlichen Beratung: Der klinische Alltag sieht häufig sehr viel differenzierter aus, als es sich der Patient und sein Rechtsanwalt als medizinische Laien vorstellen können. Der Einsatz eines medizinischen Beraters verhindert die ausschließlich lehrbuchmäßige Aufarbeitung des Sachverhalts. Nur so lässt sich in der Regel forensisch Bedeutendes von Unbedeutendem trennen. Die Entscheidung zur Durchführung des Verfahrens kann hierdurch maßgeblich bestimmt werden.

c) Inanspruchnahme wissenschaftlicher Dienststellen

 

Rz. 73

Anfragen/Nachfragen z.B.

beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn,
bei der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärztekammer,
ggf. bei den Kassenärztlichen Vereinigungen, wenn es um konkrete vertragsarztrechtliche Problemstellungen geht, oder
Nachfragen bei Arzneimittelherstellern

können häufig ergänzende wertvolle Informationen ergeben.

d) Privatgutachten

 

Rz. 74

Auch der mit medizinischen Kenntnissen ausgestattete Rechtsanwalt wird im Regelfall nicht ohne medizinische Stellungnahme auskommen. Ein Privatgutachten muss eingeholt werden. Auch der rechtsschutzversicherte Patient muss die Kosten eines derartigen Privatgutachtens selber tragen.[223]

[223] Zur Bedeutung von Privatgutachten: BGH v. 11.11.2014 – VI ZR 76/13, ZMGR 1/2015, 19–22.

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