Rz. 179

Darlegungs- und beweisbelastet für Grund und Höhe seines Anspruchs ist der Geschädigte. Der Anspruch ist dem Grunde nach gegeben, wenn jemand in einem Haushalt entweder alleine oder mit anderen Familienangehörigen lebt und Einschränkungen in der Fähigkeit zur Haushaltsführung vorliegen, die schadensursächlich sind.

 

Rz. 180

Damit scheidet ein Haushaltsführungsschaden für alle diejenigen Geschädigten aus, die dauerhaft z.B. in einer Pflegeeinrichtung leben, in der sie vollumfänglich hauswirtschaftlich versorgt werden. Wenn sie durch das Schadensereignis aus einem zuvor bestehenden Haushalt herausgerissen werden, so kann ein vollständiger Haushaltsführungsschaden trotz Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung noch so lange bestehen, wie die begründete Hoffnung bestand, dass die verletzte Person wieder in die eigene Häuslichkeit zurückkehren kann. Spätestens jedoch ab dem Zeitpunkt, zu dem der 1-Personenhaushalt aufgelöst und die Wohnung aufgegeben wurde oder im 2-Personenhaushalt der andere Partner die zu groß gewordene Wohnung gewechselt hat, ist der Haushaltsführungsschaden des dauerhaft Abwesenden erneut zu prüfen. Der Eigenanteil an der Haushaltsführung entfällt vollständig bei stationärer Unterbringung; es verbleibt aber in der Regulierung noch der Fremdanteil, den der Geschädigte aus dem Pflegeheim heraus naturgemäß für die übrigen Familienmitglieder nicht leisten kann. Dieser ist zu entschädigen. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Partner mit Kindern im Haushalt verbleibt, während der verletzte andere Partner auf Dauer im Pflegeheim verbleibt.

 

Rz. 181

Der Vortrag zur Schadenshöhe darf sich auf Anknüpfungstatsachen beschränken, die für die Schadensschätzung nach § 276 ZPO erforderlich sind (OLG München v. 26.5.2010 – 2 U 5620/09, juris). Es sind keine überspannten Anforderungen an den Vortrag zu stellen (BGH v. 18.2.1992 – VI ZR 367/90, juris). Allerdings: Wenn der Anspruchssteller es verabsäumt, diejenigen Umstände vorzutragen und ggf. zu beweisen, die seine Vorstellung zur Schadenshöhe rechtfertigen sollen, muss er sich mit einer Mindestschätzung zufriedengeben (OLG Düsseldorf v. 29.8.2003 – 8 U 190/01, juris).

 

Rz. 182

Zu den vorzutragenden Tatsachen gehören:

Welche Arbeitsleistung im konkreten Haushalt hat der Geschädigte vor dem Schadensereignis tatsächlich erbracht? (am besten systematisch geordnet nach den in Tabelle 7 der "IFH-Tabelle/Schah Sedi" aufgeführten einzelnen Tätigkeitsbereichen im Haushalt)
Wie viel Zeit hat der Geschädigte konkret darauf verwendet? (Ggf.: Welche Familienmitglieder/sonstige Dritte haben außerdem welche Tätigkeiten mit welchem Zeitaufwand daneben verrichtet?)
Welche konkreten Tätigkeiten kann der Geschädigte nach dem Schadensereignis nicht mehr oder nicht mehr vollständig ausführen? (Ggf. lässt sich dieser Anteil in Zeit oder in Prozent im Vergleich zum unverletzten Zustand benennen.)
Wer übernimmt statt seiner diese Tätigkeiten entweder innerhalb der Familie unentgeltlich, außerhalb der Familie unentgeltlich oder gegen Entgelt?
Wie viel Zeit benötigt die vorgenannte Ersatzperson (innerhalb bzw. außerhalb der Familie)?
Wie viel kostet die entgeltliche Ersatzperson (pro Woche, pro Monat)?
Wie hoch ist der Arbeitgeberbruttobetrag für die entgeltliche Ersatzperson und wie hoch ist deren Nettoauszahlungsbetrag?
Ist eine Umverteilung der Hausarbeit innerhalb der Familie möglich? (Im 1-Personenhaushalt ist das denknotwendig ausgeschlossen; im Mehrpersonenhaushalt muss eine echte Neuverteilung im Sinne eines Tausches überhaupt möglich sein. Wenn alle Familienmitglieder die komplette Hausarbeit des Verletzten unter sich aufteilen, dann ist das keine Umverteilung, sondern eine vollständige Verlagerung, die den Schädiger nicht entlasten darf. Die Umverteilung ist vielmehr im Sinne eines Tausches zu verstehen. Die geschädigte Person muss gleichwohl Hausarbeit verrichten, jedoch nur diejenige, die sie auch tatsächlich aufgrund ihres Verletzungsbildes ausführen kann.)
Wie groß ist der Haushalt? (Angaben zur Anzahl und zum Alter der Familienmitglieder am Schadenstag)
Wohnfläche in qm
Anzahl der Wohnräume, Wirtschaftsräume, Bäder, Kellerräume und Dachbodenfläche
Über welche technische Ausstattung verfügt der Haushalt?
Wie hoch ist das Familiennettoeinkommen?
 

Praxistipp

Die größten Erfolge in der Regulierung des Haushaltsführungsschadens erzielt der Rechtsanwalt, wenn er möglichst dicht am individuellen Sachverhalt des Geschädigten arbeitet. Dieses erfordert einerseits eine optimale Zuarbeit des Mandanten anhand des Fragebogens (vgl. IFH-Tabelle/Schah Sedi, § 11). Andererseits sollte es sich der Rechtsanwalt zur Regel machen, den verletzten Mandanten zu Hause aufzusuchen und sich selbst einen Überblick über den Zuschnitt des Haushaltes und den erforderlichen Arbeitsaufwand – insbesondere unter Berücksichtigung individueller Besonderheiten im Haushalt des Geschädigten – zu verschaffen.

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