Rz. 27

Da bei der Sicherstellung der Wille der abschleppenden Behörde in erster Linie darauf gerichtet sein muss, die Sache, hier also das Kfz, in Verwahrung zu nehmen und andere von der Besitzmöglichkeit auszuschließen, liegt jedenfalls dann keine Sicherstellung vor, wenn es ihr nur auf das Entfernen des Fahrzeugs ankommt.[38]

Im Rahmen des Abschleppens kommt die Sicherstellung damit z.B. in Betracht bei verkehrswidrig abgestellten, gefährdenden bzw. erheblich behindernden Fahrzeugen; allgemein als behördliche Sicherstellung eines Kfz im Interesse des Eigentümers,[39] also bei unfallbeschädigten oder verkehrsunsicheren Fahrzeugen, zur Eigentumssicherung beim Abschleppen gestohlen gemeldeter Kfz,[40] zur Eigentumssicherung eines verunglückten und geborgenen Kfz[41] oder bei Fahrzeugen ohne Zulassung[42] oder ohne Betriebserlaubnis.[43] Auch ein unverschlossen abgestelltes Fahrzeug kann zum Schutz des Eigentümers sichergestellt werden (vgl. § 21 Nr. 2 MEPolG, § 21 Nr. 2 SaarlPolG; Art. 25 Nr. 2 BayPAG; § 26 SächsPolG).[44]

 

Rz. 28

Denkbar ist aber auch, dass es der Behörde im Anschluss an ein im Wege einer Ersatzvornahme durchgeführtes Abschleppen nunmehr (auch) darum geht, das Fahrzeug jetzt zum Schutz des Eigentums in Gewahrsam zu nehmen. § 14 Abs. 1 S. 2 HambSOG sieht dementsprechend auch ausdrücklich vor, dass ein verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug in der Regel sichergestellt wird. Da mit dem Verbringen des Fahrzeugs auf einen dazu vorgesehen Platz auch ein öffentlich-rechtliches Verwahrverhältnis entsteht,[45] muss es der Behörde hier auch um Eigentumsschutz gehen. Dies allein schon deshalb, weil sie bei Beschädigung der Sache haftet.[46]

 

Rz. 29

Gemäß landesrechtlichem Polizeirecht (vgl. z.B. Art. 25 Nr. 2 BayPAG; § 21 Nr. 2 SaarlPolG, § 26 Nr. 2 NdsSOG, 3 § 26 Abs. 1 SächsPolG; § 32 Abs. 1 PolGBW; § 22 PolG RP) kann die Polizei im Rahmen der ihr subsidiär obliegenden Aufgabe des Schutzes privater Rechte (vgl. z.B. Art. 2 Abs. 2 BayPAG; § 1 Abs. 3 SaarlPolG; § 1 Abs. 3 NdsSOG) ein Kfz sicherstellen, um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung zu schützen. Die Anwendung dieser Befugnisnorm kann insbesondere in Betracht kommen, wenn eine wertvolle Sache dem direkten Zugriff Dritter ungeschützt ausgesetzt ist.[47] Das Tätigwerden der Polizei ist in diesem polizeilichen Aufgabenbereich allerdings stets subsidiär gegenüber möglichen eigenen Schutzmaßnahmen des betroffenen Privaten.[48] Bei einer aufgrund Sicherstellung erfolgten Abschleppmaßnahme zur Eigentumssicherung mag daher schon unter Berücksichtigung des Zwecks der Maßnahme und des im Polizeigesetz (vgl. z.B. Art. 2 Abs. 2 BayPAG; § 1 Abs. 3 SaarlPolG; § 1 Abs. 3 NdsSOG; § 2 Abs. 2 SächsPolG) zum Ausdruck kommenden Subsidiaritätsgrundsatzes eine vorhergehende Benachrichtigung des Kfz-Halters oder jedenfalls deren Versuch erforderlich sein, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, seine privaten Rechte selbst zu wahren.[49] Eine vorherige Benachrichtigung des Halters ist jedenfalls erforderlich, wenn dieser geradezu in greifbarer Nähe erscheint.[50] Andererseits ist die Sicherstellung im Eigentümerinteresse schon dann erforderlich, wenn der Polizei andere Maßnahmen, die den Zweck der Sicherstellung ebenso erreichen würden, nicht ohne weiteres möglich sind. Demzufolge wird die Polizei regelmäßig schon deshalb nicht verpflichtet sein, zunächst den Halter oder für die Beseitigung des Fahrzeugs sonst Verantwortlichen zu ermitteln, weil solche Ermittlungen meist zu nicht absehbaren zeitlichen Verzögerungen führen, die mit dem Interesse an einer effektiven Gefahrenabwehr durch die Polizei und zudem nur begrenzt zur Verfügung stehenden Polizeikräften nicht vereinbar sind.[51]

 

Rz. 30

Wird die Polizei für den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt bei der Sicherstellung zum Schutz des Eigentums tätig, so ist die Sicherstellung ihrem Wesen nach mit der Geschäftsführung ohne Auftrag i.S.v. §§ 677 ff. BGB vergleichbar. Die Sicherstellung zur Eigentumssicherung ist folglich zulässig, wenn sie dem objektivierten mutmaßlichen Willen des Berechtigten entspricht. Ob sie vom Betroffenen tatsächlich gebilligt wird, ist hingegen unerheblich; ob diese Voraussetzungen für eine Sicherstellung vorliegen, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls.[52] Rechtmäßigkeit und insbesondere Verhältnismäßigkeit hängen dabei davon ab, wie hoch im Einzelfall die Wahrscheinlichkeit eines Diebstahls des Fahrzeugs, eines Diebstahls von Gegenständen aus dem Fahrzeug oder einer Beschädigung des Fahrzeugs ist, wenn die Sicherstellung unterbleibt. Die dabei zu treffende Prognoseentscheidung ist auf der Grundlage der der Polizei zum Zeitpunkt ihres Handelns zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu beurteilen, wobei unter anderem die voraussichtliche Dauer der die Möglichkeit eines Schadenseintritts erhöhenden Umstände, der Abstellort sowie der Wert eines Fahrzeugs zu berücksichtigen sind.[53] So spricht z.B. sc...

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