Rz. 14

Zuständig zum Abschleppen ist die zum Erlass der Grundverfügung jeweils zuständige Behörde.[30] Die Zuständigkeiten von Straßenverkehrsbehörde und Polizeibehörden bestehen nebeneinander innerhalb ihrer jeweiligen, ihnen durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben.[31] So kann z.B. das durch das Zeichen 283 – Haltverbot – begründete Wegfahrgebot im Wege der Ersatzvornahme vollstreckt werden, indem das Abschleppen des verbotswidrig abgestellten Fahrzeugs angeordnet wird. Zuständig hierfür ist grundsätzlich die für die Anordnung des Anbringens von Verkehrszeichen zuständige Straßenverkehrsbehörde.[32] Da der Verstoß gegen Vorschriften der StVO gleichzeitig eine Störung der öffentlichen Sicherheit mit fortwirkender Gefahr i.S.d. polizeilichen Generalklausel darstellt, ist auch die zu deren Ausführung befugte Polizei-/Ordnungsbehörde zur Anordnung des Wegfahrens des Fahrzeugs zuständig. Da bei Nichtbefolgen der Anordnung auch der Einsatz von Verwaltungszwang notwendig sein kann, kann die Anordnung einer Abschleppmaßnahme auch auf die Regelungen des jeweiligen Vollstreckungsgesetzes zum Sofortvollzug gestützt werden.[33]

 

Rz. 15

Wenn eine behördliche Anordnung zur Umsetzung von Verhaltenspflichten ergeht, die in der StVO geregelt sind (z.B. § 32 StVO mit dem Verbot, Verkehrshindernisse zu bereiten), sich die erforderliche Ermächtigungsgrundlage jedoch nicht aus der StVO selbst, sondern – wie bei § 32 StVO (Verkehrshindernisse)[34] – aus der polizeilichen Generalklausel ergibt (vgl. z.B. §§ 1 und 3 PolG BW, § 8 Abs. 1 SPolG), dann handelt es sich nach BVerwG um die Ausführung der StVO i.S.v. § 44 Abs. 1 S. 1 StVO. Die sachliche Zuständigkeit für den Erlass einer solchen Anordnung liegt dann gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 StVO grundsätzlich bei der Straßenverkehrsbehörde und nicht bei der Ortspolizeibehörde.[35]

 

Rz. 16

Als Grundverfügung kommen beim Abschleppen sowohl

gebietende oder verbietende Verkehrszeichen (Verwaltungsakte) aufgrund der StVO, die gleichzeitig ein Wegfahrgebot beinhalten, als auch
Verwaltungsakte aufgrund des Polizei- und Ordnungsrechts in Betracht (polizeiliche Generalklausel, Sicherstellung).

Zuständig zum Abschleppen von Fahrzeugen vor Verkehrszeichen, die Wegfahrgebote beinhalten, ist grundsätzlich die für die Anordnung des Anbringens von Verkehrszeichen zuständige Verwaltungsbehörde.[36]

 

Rz. 17

Die Zuständigkeit der Polizei[37] kann sich nach h.M. nicht aus § 44 Abs. 2 StVO ergeben. An Stelle der zuständigen Behörde kann sie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs nur vorläufige Maßnahmen treffen; endgültige Maßnahmen kann nur die zuständige Behörde treffen.[38]

Eine vollzugspolizeiliche Zuständigkeit ist zwar grundsätzlich im Rahmen des Polizeirechts aus ihrer Eil-/Notfall-Kompetenz möglich (vgl. z.B. § 85 Abs. 2 S. 1 SPolG, der festschreibt, dass die Polizeivollzugsbehörden zur Gefahrenabwehr nur tätig werden, soweit die Abwehr der Gefahr durch eine andere Behörde nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint).[39] Eine originäre Zuständigkeit der Polizeivollzugsbehörde für die Vollstreckung des durch Verkehrszeichen begründeten Wegfahrgebots in Form der Abschleppanordnung ist damit nicht gegeben.[40]

 

Rz. 18

Nach der Rechtsprechung des NdsOVG[41] ist es denkbar, dass bei originärer Zuständigkeit der (Polizei-)Verwaltungsbehörde das von der (Vollzugs-)Polizei veranlasste Abschleppen auf einer zwischen (Polizei-)Verwaltungsbehörde und (Vollzugs-)Polizei geschlossenen Vereinbarung beruht, die an einen Erlass des Nds. Ministers der Justiz anknüpft. Eine derartige Vereinbarung verstoße nicht gegen die gesetzlich geregelte Zuständigkeit.[42] Anderer Ansicht war hier allerdings noch das VG Oldenburg.[43]

 

Rz. 19

Denkbar ist – wie oben festgestellt – auch, dass unterschiedliche Behörden nebeneinander zuständig sind. So kann sich zum einen die Zuständigkeit der Polizei aus dem Aspekt der Sicherstellung i.S.d. Polizeirechts ergeben. Dies gilt auch dann, wenn andere Behörden aus anderen Gesichtspunkten gleichfalls zuständig sind. Dies gilt z.B., wenn bei der Bergung und beim anschließenden Abschleppen eines Fahrzeugs zunächst sowohl das Wasser- und Schifffahrtsamt als auch die Wasserbehörde zuständig sind.[44]

 

Rz. 20

Die Kompetenz und Zuständigkeit des Vollzugsbeamten muss dabei die jeweils getroffene Maßnahme umfassen: Hat die Verwaltungsbehörde in der Bestellungsurkunde für den Vollzugsbeamten diesem zur Erfüllung der Aufgabe, den ruhenden Verkehr zu überwachen, lediglich die Befugnis eingeräumt, Berechtigungsscheine zu prüfen und die Identität festzustellen, so sind ihm auch nur diese Befugnisse zugewiesen. Eine von ihm veranlasste Abschleppmaßnahme ist rechtswidrig.[45] Das VG Saarland geht allerdings davon aus, dass ein Hilfspolizist, der das Abschleppen eines Kfz veranlasst hatte, wozu er als Hilfspolizist gerade nicht berechtigt war, dies dann eben nicht in seiner Funktion als Hilfspolizist, sondern in seiner Eigenschaft als städtischer Bediensteter betrieben haben soll.[46]

S...

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