Rz. 788

Der Betriebsrat kann gem. § 50 Abs. 2 BetrVG den Gesamtbetriebsrat durch Beschluss, welcher der absoluten Mehrheit der Betriebsratsmitglieder und der Schriftform bedarf, beauftragen, eine bestimmte Angelegenheit für ihn zu behandeln. Dies begründet die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates kraft Auftrages. Besteht die Beauftragung zur Regelung, ist der Gesamtbetriebsrat auch für die Anrufung der Einigungsstelle zuständig (LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 25.2.2020 – 5 TaBV 1/20, juris). Zuständig bleibt allerdings für das weitere Schicksal solcher im Rahmen der Auftragszuständigkeit geschlossenen Betriebsvereinbarungen der örtliche Einzelbetriebsrat. Nur dieser kann eine solche Betriebsvereinbarung kündigen, nur ihm gegenüber kann sie gekündigt werden (LAG Düsseldorf v. 9.8.2012 – 15 TaBV 26/12, juris). Die Übertragung der Zuständigkeit für die Ausübung von Mitbestimmungsrechten deckt nicht auch die Übertragung der Geltendmachung von Gerichtsverfahren über den Inhalt und die Reichweite von Mitbestimmungsrechten; macht der Gesamtbetriebsrat ein solches Verfahren ohne zusätzliche Beauftragung anhängig, fehlt ihm die Antragsbefugnis (BAG v. 22.7.2014 – 1 ABR 94/12, juris).

 

Rz. 789

 

Hinweis

Hat der Arbeitgeber, was häufig vorkommen dürfte, Zweifel an der Zuständigkeit von Einzel- oder Gesamtbetriebsrat, so kann er die infrage kommenden Gremien zur Klärung der Zuständigkeitsfrage untereinander auffordern. Teilen die Einzelbetriebsräte mit, der Gesamtbetriebsrat sei zuständig, so kann hierin eine Beauftragung i.S.d. § 50 Abs. 2 BetrVG liegen. Diese Annahme ist zwar ausgeschlossen, wenn der Gesamtbetriebsrat fehlerhaft auf die Einzelbetriebsräte verweist oder wenn sich die beteiligten Betriebsräte untereinander oder mit dem Gesamtbetriebsrat nicht einigen. In diesem Fall ist nach BAG aber zumindest kein Nachteilsausgleich i.S.d. § 113 BetrVG geschuldet, wenn der Arbeitgeber im Fall einer Betriebsänderung alles ihm Zumutbare übernommen hat. Hierfür genügt es, dass er mit dem – von den beteiligten Organen ihm gegenüber als zuständig bezeichneten – Betriebsverfassungsorgan verhandelt hat (BAG v. 24.1.1996 – 1 AZR 542/95, juris). Ob dies auch für Maßnahmen gilt, die nicht – wie geplante Betriebsänderungen – regelmäßig unter erheblichem Zeitdruck stehen, ist sehr fraglich. In solchen Fällen wird dem Arbeitgeber zuzumuten sein, eine gerichtliche Klärung über die Zuständigkeit herbeizuführen oder die Einigungsstelle im Rahmen der Ausgestaltung des Mitbestimmungsrechts über die Zuständigkeit entscheiden zu lassen. Betriebsvereinbarungen mit dem "falschen" Betriebspartner sind unwirksam und können bei Vorliegen der Voraussetzungen allenfalls in Gesamtzusagen umgedeutet werden.

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