Rz. 461

Die Einladung zu den Sitzungen des Betriebsrates obliegt dem Betriebsratsvorsitzenden gem. § 29 Abs. 2 und 3 BetrVG. Er setzt auch die Tagesordnung fest. Er hat eine Betriebsratssitzung einzuberufen und den Gegenstand, dessen Beratung beantragt ist, auf die Tagesordnung zu setzen, wenn ein Viertel der Betriebsratsmitglieder oder der Arbeitgeber dies beantragen (§ 29 Abs. 3 BetrVG). Nach § 178 Abs. 3 SGB IX hat auch die Schwerbehindertenvertretung einen Anspruch darauf, dass auf einen von ihr gestellten Antrag hin Angelegenheiten, die einzelne schwerbehinderte Menschen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe betreffen, auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gesetzt werden.

 

Rz. 462

Ist ein nach § 38 BetrVG freigestellter Betriebsratsvorsitzender arbeitsunfähig, dann kann sich seine Arbeitsunfähigkeit letztlich nur darauf beziehen, dass er keine Betriebsratsaufgaben wahrnehmen kann. In diesem Fall ist er nicht berechtigt, zur Sitzung zu laden. Lädt er dennoch – oder bittet er ein anderes Betriebsratsmitglied, in seinem Namen zu laden – macht dies die Beschlussfassung zumindest dann unwirksam, wenn nicht alle abstimmungsberechtigten Betriebsratsmitglieder an der Sitzung teilgenommen haben. Ein Recht zum Selbstzusammentritt des Betriebsrats ohne Ladung durch den Vorsitzenden oder seinen Stellvertreter besteht allenfalls dann, wenn Vorsitzender und auch Stellvertreter – und weitere in der Geschäftsordnung als zuständig benannte Betriebsratsmitglieder – verhindert sind, dringende Geschäfte anfallen und alle anderen Betriebsratsmitglieder an der Sitzung teilnehmen (zum Ganzen BAG v. 28.7.2020 – 1 ABR 5/19, juris).

 

Rz. 463

Ladung und Übermittlung der Tagesordnung haben auf dem in der Geschäftsordnung festgelegten oder sonst "übliche"n Weg – etwa durch Übersendung auf die dienstliche Mail-Adresse, wenn die nicht durch Dritte eingesehen werden kann – zu erfolgen. Der Betriebsratsvorsitzende ist – soweit nicht die Geschäftsordnung anderes aufgibt – nicht verpflichtet, die Einladung an abwesende Betriebsratsmitglieder auf andere Weise zu bewirken. Er muss diese bei Krankheit oder Urlaub also nicht etwa durch Übersendung auf ihre private Mail-Adresse oder gar per Post, Telefon oder WhatsApp gesondert informieren. Anderes wird nur dann gelten, wenn das zu ladende Betriebsratsmitglied nicht an seine dienstliche Mail-Adresse herankommt, etwa wegen des Ruhens des Arbeitsverhältnisses in der Elternzeit oder der Beschäftigung in einer auswärtigen Betriebsstätte. Dann wird es geboten sein, die Ladung auf andere Weise zu bewirken – sonst wäre dem Betriebsratsmitglied sein Teilnahmerecht faktisch genommen.

 

Rz. 464

Übersendung von Ladung und Tagesordnung sind dann "rechtzeitig" erfolgt, wenn das einzelne Betriebsratsmitglied genügend Zeit hat, sich auf die Sitzung vorzubereiten. Dabei ist zu beachten, dass die Einhaltung der gesetzlichen Fristen – wie etwa die Drei-Tages-Frist zur Stellungnahme zu außerordentlichen Kündigungen, "Unverzüglichkeit" der Stellungnahme zum dringenden Erfordernis und vorläufiger Beschäftigung nach § 100 Abs. 2 BetrVG – immer Vorrang haben. Bei "normalen" Tagesordnungspunkten wird eine Ladung und Übermittlung der Tagesordnung rechtzeitig sein, wenn die Betriebsratsmitglieder diese bei normalem Verlauf der Übermittlung spätestens am dritten Tag vor der Sitzung in Händen haben (bei Beschlussfassung über einen Sozialplan kann eine Ladung vom 28.2. zur Sitzung am 3.3. – dazwischen lagen zwei Werktage – zu kurzfristig sein mit der Folge der Unwirksamkeit des Beschlusses, soweit ein Betriebsratsmitglied dies vor der Abstimmung rügt, LAG Köln v. 3.3.2008 – 14 TaBV 83/07, juris). Auch wenn der Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Stimmen den Rücktritt beschließen will, kann es erforderlich sein, so rechtzeitig einzuladen, dass ein Betriebsratsmitglied möglicherweise noch umdisponieren und seinen Urlaub verschieben kann. Fraglich ist, ob sich nur das noch verhinderte Betriebsratsmitglied auf eine solche Unwirksamkeit berufen kann oder auch der Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder der Betriebsrat selbst.

 

Rz. 465

Andererseits kann es auch genügen, wenn die Betriebsratsmitglieder Ladung und Tagesordnung am letzten Arbeitstag vor der Sitzung in Händen haben, soweit diese Kurzfristigkeit kein Betriebsratsmitglied am Erscheinen hindert und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Sitzung bewusst so knapp gelegt worden wäre, um die Teilnahme bestimmter Betriebsratsmitglieder an der Sitzung zu verhindern (LAG Nürnberg v. 28.5.2002 – 6(5) TaBV 29/01, juris). Andererseits kann dann, wenn die Tagesordnung üblicherweise sechs Tage vor den Sitzungen versandt wird, die Mitteilung des Tagesordnungspunktes "Abberufung eines Betriebsratsmitgliedes von der Freistellung" nur eineinhalb Tage vor der Sitzung nicht rechtzeitig sein, sofern keine Eilbedürftigkeit vorliegt (LAG Düsseldorf v. 26.10.2007 – 9 TaBV 54/07, juris).

 

Rz. 466

 

Hinweis

Das Problem ist entschärft dadurch, dass das BAG nunmehr (15.4.2014 – 1 ABR 2/13 (B), ...

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