Rz. 39

Wird ein Weiterbeschäftigungsanspruch[91] bereits mit der Kündigungsschutzklage erhoben, so wird dies von Rechtsprechung und Literatur überwiegend als streitwerterhöhend angesehen.[92] Die Stellung des Weiterbeschäftigungsantrags vor dem Ausgang des Gütetermins sehen die Versicherer jedenfalls als eine unnötige Erhöhung der Kosten an. Die Versicherer lehnen daher oft die Übernahme der so entstehenden Mehrkosten ab. Erst wenn der Weiterbeschäftigungsantrag nach einem erfolglosen Gütetermin gestellt wird, liegt sicher keine Obliegenheitsverletzung (zur Frage der Obliegenheitsverpflichtung des Versicherungsnehmers siehe Rdn 37) vor.[93] Denn die sachgerechte Fortführung des Mandats macht nun eine Stellung des Weiterbeschäftigungsantrags erforderlich – und die damit verbundene Streitwerterhöhung unvermeidlich.

Die Gegenmeinung stützt sich im Wesentlichen darauf, dass zum einen nur durch sofortige Geltendmachung des Weiterbeschäftigungsanspruches der Wille des Arbeitnehmers, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, hinreichend zum Ausdruck kommt und zum anderen nur so der notwendige Druck für etwaige Vergleichsverhandlungen vorhanden sei. Diese Auffassung ist weder zwingend noch überzeugend. Ist der Arbeitgeber ebenfalls anwaltlich vertreten, wird er sich durch einen derartigen Antrag wenig beeindrucken lassen. Der Wunsch des Arbeitnehmers, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, ist bereits durch die Klageerhebung an sich hinreichend nachgewiesen und durch den entsprechenden Antrag formuliert. Ein Signal zur Verhandlungsbereitschaft setzt im Übrigen nur der, dem es nicht um das Festhalten am Arbeitsplatz, sondern um das Erzielen optimaler Bedingungen für den Ausstieg geht.

 

Praxishinweis

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, unter welchen Voraussetzungen der Weiterbeschäftigungsantrag sich streitwerterhöhend auswirkt, wenn er in der Form eines "unechten Hilfsantrags" gestellt wird.[94] Wohl überwiegend wird dafür gefordert, es müsse über ihn entschieden worden sein (arg. ex § 45 Abs. 1 S. 2 GKG), sei es im Wortsinn oder auch nur im übertragenen Sinn, dass er in einem Aufhebungsvertrag mitgeregelt wurde; teilweise wird dies ganz für entbehrlich gehalten. Letzten Endes ergibt sich aus dieser Antragstellung kein zuverlässiger Ausweg, um spätere Diskussionen über unnötig ausgelöste Kosten durch Geltendmachung des Weiterbeschäftigungsanspruchs sicher zu vermeiden.

Tendenziell hilfreich zur Versachlichung hat sich mittlerweile auch der vereinheitliche Streitwertkatalog in der aktualisierten Fassung vom 9.2.2018[95] erwiesen.

[91] Siehe Grundsatzbeschluss des BAG v. 27.2.1985 – GS 1/84, NJW 1985, 2968 sowie Harbauer, § 17 Rn 73; Prölss/Martin, § 17 Rn 37 ff.
[92] Siehe zum Meinungsstand: BeckOK-Streitwert, "Arbeitsrecht – Kündigungsschutzklage mit Weiterbeschäftigungsanspruch"; Gerold/Schmidt, Teil D. Anhang, 2. Teil Gegenstandswerte, VIII. Arbeitsgerichtsverfahren, Rn 54; Mayer/Kroiß, Anhang I, II. Streitwerte Im Arbeitsrecht, Rn 19 ff.; Germelmann/Prütting/Matthes, § 12 Rn 116 ff.
[93] So etwa AG Nürnberg v. 31.7.2003 – 34 C 3672/03, n.v.; OLG München v. 20.2.1997 – 24 S 35/96, r+s 1997, 250; vgl. Löwisch, VersR 1986, 404, 408 m.w.N.
[94] Siehe die Nachweise hier eingangs zum Meinungsstand.
[95] NZA 2018, 498, dort zur Weiterbeschäftigung sub I. Nr. 12, 26.

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