1. Antrag auf mündliche Haftprüfung

a) Typischer Sachverhalt

 

Rz. 201

Herr A befindet sich in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, 1 kg Haschisch nach Deutschland verbracht zu haben, um dieses gewinnbringend zu veräußern. Dies ergebe sich aus der Aussage eines anderen Beschuldigten Herrn B, der von A 50 g Haschisch bezogen haben will. Es bestehe der Haftgrund der Fluchtgefahr, da der beschuldigte Herr A ledig und ohne Arbeit sei und erkennbare Bindungen nicht vorhanden seien, die ihn mit Rücksicht auf die bestehende erhebliche Straferwartung von einer Flucht im vorliegenden Verfahren abhalten würden.

Herr A hat dem Rechtsanwalt R im Erstgespräch erklärt, dass es unzutreffend sei, dass er Haschisch eingeführt habe. Es treffe zwar zu, dass er dem Herrn B 5 g Haschisch zum Selbstkostenpreis überlassen habe, nicht aber 50 g. Er selbst habe insgesamt nur 10 g Haschisch zum Eigenkonsum an seinem Wohnort erworben. Auf drängendes Bitten habe er davon 5 g an den Herrn B abgegeben. Mit diesem sei er inzwischen aber verfeindet, weil er seit geraumer Zeit mit dessen früherer Freundin eine Bindung eingegangen sei. Er habe mit dieser Frau vor drei Monaten eine gemeinsame Wohnung bezogen. Hier würden auch noch seine Eltern und Geschwister leben, zu denen er enge Bindungen unterhalte. Vorbestraft sei er nicht. Er könne ferner am nächsten Monatsersten eine Arbeitsstelle antreten, der Arbeitsvertrag liege bei ihm zu Hause. Sollte er nicht so schnell wie möglich aus der Haft entlassen werden, wäre seine zukünftige Arbeitsstelle gefährdet.

Rechtsanwalt R erklärt Herrn A, dass es sinnvoll sei, einen Antrag auf mündliche Haftprüfung[92] zu stellen, in dem der dringende Tatverdacht und die Haftgründe erörtert werden sollen. Freilich wolle R zunächst auch noch Akteneinsicht nehmen, um die Frage der Glaubwürdigkeit der ihn belastenden Aussage prüfen zu können.

[92] Ausführlich zum Antrag auf Haftprüfung: Breyer/Endler-Seebode, AnwaltFormulare Strafrecht, Kap. 3 Rn 138 ff.

b) Muster: Antrag auf mündliche Haftprüfung

 

Rz. 202

Muster 41.26: Antrag auf mündliche Haftprüfung

 

Muster 41.26: Antrag auf mündliche Haftprüfung

An das Amtsgericht _____

Az. _____

In dem Ermittlungsverfahren gegen _____ wegen _____

stelle ich den Antrag,

Termin zur mündlichen Haftprüfung zu bestimmen und vor Durchführung der Haftprüfung Akteneinsicht zu gewähren.

Im Haftprüfungstermin werde ich beantragen,

1. den Haftbefehl des Amtsgerichts _____ vom _____ aufzuheben,
2. fürsorglich: ihn gegen geeignete Auflagen außer Vollzug zu setzen.

1. Zum dringenden Tatverdacht

Es besteht kein auf bestimmte Tatsachen gründender dringender Tatverdacht im Sinne des § 112 StPO. Herr A wird falsch beschuldigt. _____ (Ausführungen zum Sachverhalt; Belastungszeuge unglaubwürdig; Erschleichen von § 31 BtMG etc.)

Es handelt sich also um einen Fall des Erwerbs und der Abgabe von Betäubungsmitteln gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG. Die Straferwartung in diesem Bereich ist Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Angesichts des Schuldumfangs bei dem nicht vorbestraften Beschuldigten kann nicht einmal eine bedingte Freiheitsstrafe erwartet werden.

2. Zum Haftgrund

a) Der im Haftbefehl behauptete Haftgrund der Fluchtgefahr besteht nicht.

_____ (Darstellen der der Fluchtgefahr entgegenstehenden Umstände wie feste Bindungen, Arbeit, Wohnung.)

b) Dabei ist auch bedacht, dass das Gericht womöglich den dringenden Verdacht im bisher angenommenen Umfang weiter als gegeben ansehen sollte. _____ (Darstellen, weshalb vorliegend auch ein minder schwerer Fall in Betracht kommen könnte.)

Aber auch wenn die Annahme eines minder schweren Falles fern läge, könnte der nicht vorbestrafte Beschuldigte im Fall einer Freiheitsstrafe, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann, sofort in den offenen Vollzug und müsste seine sozialen und beruflichen Bindungen nicht aufgeben. Der Beschuldigte ist über die Möglichkeiten eines solchen Verfahrensergebnisses unterrichtet.

c) Die Aufrechterhaltung des Haftbefehls wäre auch unverhältnismäßig.

Dies gilt bei einer Reduzierung des dringenden Tatverdachts auf den vom Beschuldigten zugestandenen Schuldumfang schon deswegen, weil dann keine Haftstrafe zu erwarten steht, die zu verbüßen wäre.

d) Aber auch bei weiterer Annahme des dringenden Tatverdachts im Sinne des Haftbefehls muss die Fortdauer der Untersuchungshaft unter Beachtung aller maßgebenden Umstände als unverhältnismäßig angesehen werden, weil der Beschuldigte aufgrund seiner persönlichen und beruflichen Bindungen nicht fluchtgefährdet ist.

e) Jedenfalls könnte einer solch unterstellten Fluchtgefahr durch Auflagen gem. § 116 StPO wirksam entgegengetreten werden. Dem Beschuldigten könnten Meldeauflagen gemacht werden. Es mag angeordnet werden, dass er seine Ausweispapiere zu den Akten gibt. Schließlich ist der Beschuldigte bereit und in der Lage eine Sicherheitsleistung in Höhe von _____ EUR zu leisten.

f) Ich bitte, mir die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zu diesem Antrag vor der mündlichen Haftprüfung bekannt zu geben und den Termin zur mündlichen Haftprüfung mit meiner Kanzlei fernmündlich abzustimmen, um mögliche...

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