aa) Typischer Sachverhalt

 

Rz. 60

Nachdem das Mandat von Herrn A beendet war, stellte sich heraus, dass dieser eine Erbschaft gemacht hatte, von der er die Gebühren eines Wahlverteidigers ohne Weiteres hätte bestreiten können. Da die gesetzliche Vergütung für den Wahlverteidiger wesentlich höher liegt als für den Pflichtverteidiger, bietet es sich an, nunmehr den Mandanten noch (ergänzend) in Anspruch zu nehmen.

bb) Rechtliche Grundlagen

 

Rz. 61

Da der Pflichtverteidiger allein aufgrund des öffentlich-rechtlichen Verhältnisses seiner Bestellung zur Verteidigung des Beschuldigten verpflichtet ist, fehlt es an einem bürgerlich-rechtlichen Vertragsverhältnis zwischen Verteidiger und Mandant, so dass keine vertraglichen Vergütungsansprüche geltend gemacht werden können. Bei einem leistungsfähigen Beschuldigten wäre diese Rechtslage unbillig. Daher normiert § 52 RVG eine gesetzliche Anspruchsgrundlage für den Pflichtverteidiger gegenüber seinem Mandanten.[25] Nach § 52 Abs. 1 RVG kann der Pflichtverteidiger von dem leistungsfähigen Beschuldigten die Zahlung der angemessenen Wahlverteidigervergütung verlangen, abzüglich der Vergütung, die er schon freiwillig im Wege der Bevorschussung als Teilgebühr und als Pflichtverteidiger – auch im Rahmen einer Pauschvergütung – aus der Staatskasse erhalten hat. Der Rechtsanwalt muss gem. § 52 Abs. 2 RVG durch das erstinstanzliche Gericht feststellen lassen, dass der Beschuldigte ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts zur Zahlung in der Lage ist.

 

Rz. 62

Da es an einer Vergütungsvereinbarung fehlt, kann der beigeordnete Rechtsanwalt R nur die gesetzlichen Gebühren eines Wahlverteidigers geltend machen, nachdem das Gericht auf entsprechenden Antrag festgestellt hat, dass Herr A infolge der hohen Erbschaft zur Zahlung der Wahlverteidigergebühren in der Lage war und ist. Hinsichtlich der Höhe gilt das bereits Gesagte (siehe Rdn 36 ff.).

 

Rz. 63

Umstritten ist, welcher Zeitpunkt für die Feststellung der Leistungsfähigkeit maßgebend ist. Während nach einer Ansicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse zur Zeit der Tätigkeit des Verteidigers abzustellen ist, soll nach anderer Ansicht der Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellung entscheidend sein.[26]

[25] Weiterführend Leipold, Anwaltsvergütung in Strafsachen, S. 99 ff.; Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, § 52 Rn 4 ff.
[26] Zum Streitstand vgl. Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, § 52 Rn 65 ff. m.w.N.

cc) Muster: Feststellungsantrag gem. § 52 RVG

 

Rz. 64

Muster 41.12: Feststellungsantrag gem. § 52 RVG

 

Muster 41.12: Feststellungsantrag gem. § 52 RVG

An das Amtsgericht _____

Az. _____

In der Strafsache gegen _____ wegen _____

beantrage ich gem. § 52 Abs. 2 RVG festzustellen, dass der Angeklagte ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts zur Zahlung der angemessenen Wahlverteidigervergütung in der Lage ist.

Begründung:

Ich wurde dem Angeklagten mit Beschluss des Amtsgerichts _____ vom _____ als Pflichtverteidiger gem. § _____ StPO beigeordnet. Dem Angeklagten sind die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen gem. § 465 StPO auferlegt worden.

_____ (Darlegen der finanziellen Situation des Mandanten)

(Rechtsanwalt)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge