aa) Typischer Sachverhalt

 

Rz. 57

Rechtsanwalt R wurde in einem sehr umfangreichen und komplizierten Fall beigeordnet, der ihn zu zahlreichen und langen Haftbesuchen veranlasst hat. Die Hauptverhandlung bei der Schwurgerichtskammer dauerte 12 Tage. Es wurde jeweils von 8.30 Uhr bis 18.00 Uhr verhandelt. Es wurden 40 Zeugen – teilweise über mehrere Stunden hinweg – gehört, fünf Sachverständige (ein psychiatrisches Gutachten zur Schuldfähigkeitsfrage, zwei gerichtsmedizinische Gutachten sowie zwei kriminaltechnische Gutachten) gehört und zahlreiche Urkunden verlesen. Die Revisionsbegründung hatte einen Umfang von fast 150 Seiten; die Revisionshauptverhandlung dauerte vier Stunden. Es waren schwierige Rücktrittsfragen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu klären und zu bewerten. Die erneute Hauptverhandlung nach Zurückverweisung dauerte fünf volle Verhandlungstage von 8.30 Uhr bis 19.30 Uhr. Es mussten nochmals 15 Zeugen gehört werden. Insgesamt handelte es sich um ein auch für ein Schwurgerichtsverfahren besonders schwieriges und umfangreiches Verfahren.

bb) Rechtliche Grundlagen

 

Rz. 58

Aufgrund dieser Umstände sollte der Pflichtverteidiger überlegen, einen Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung zu stellen, die über die gesetzlichen Gebühren hinausgeht.[24] Die Pauschgebühr kann dabei für das ganze Verfahren oder auch nur für einzelne Verfahrensabschnitte beantragt werden. Über diesen Antrag entscheidet das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das Gericht gehört, bei dem die Strafsache im ersten Rechtszug anhängig war. Der Bundesgerichtshof ist zur Entscheidung berufen, soweit er den Rechtsanwalt bestellt hat. In dem Verfahren ist die Staatskasse zu hören.

[24] Zu den Anforderungen an die Gewährung einer Pauschvergütung Burhoff, StraFo 2008, 192; Reisert, Anwaltsgebühren im Straf- und Bußgeldrecht, § 1 Rn 201 ff., § 2 Rn 301 ff.; Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, § 51 Rn 8 ff.

cc) Muster: Antrag auf Pauschvergütung gem. § 51 RVG

 

Rz. 59

Muster 41.11: Antrag auf Pauschvergütung gem. § 51 RVG

 

Muster 41.11: Antrag auf Pauschvergütung gem. § 51 RVG

An das Oberlandesgericht _____

über das Landgericht _____

Az. _____

In der Strafsache gegen _____ wegen _____

stelle ich den Antrag, mir eine Pauschvergütung in Höhe von _____ EUR gem. § 51 RVG zu bewilligen.

Begründung:

Ich bin durch Beschluss des Vorsitzenden der Schwurgerichtskammer vom _____ als Verteidiger bestellt worden. Die Pflichtverteidigergebühren betragen _____ EUR. Insofern verweise ich auf meinen Festsetzungsantrag vom _____. Diese Vergütung – ohne Auslagen und Mehrwertsteuer – wurde inzwischen auch so festgesetzt und angewiesen. Durch diese Vergütung ist meine Tätigkeit nicht ausreichend vergütet, da es sich um eine besonders umfangreiche und besonders schwierige Strafsache gehandelt hat. _____ (nähere Begründung der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeit wie Haftbesuche, Aktenumfang, Verhandlungsdauer, Zeugenanzahl, rechtliche Implikationen etc.)

Die Strafsache war somit in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht besonders schwierig und umfangreich. Die Höchstvergütung eines Wahlverteidigers würde _____ EUR betragen. In der Gesamtschau erscheint es daher angemessen, mir eine Pauschvergütung in Höhe von _____ EUR zu bewilligen.

Falls meinem Antrag nicht oder nicht in voller Höhe entsprochen werden sollte, bitte ich vor der Entscheidung um Gelegenheit, auf die Stellungnahme des Bezirksrevisors zu erwidern.

(Rechtsanwalt)

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