Rz. 6

Typischer Sachverhalt: Herr A trägt bei dem Anbahnungsgespräch mit Rechtsanwalt R vor, dass er mit Herrn B tatsächlich eine körperliche Auseinandersetzung gehabt habe. Zu den Schlägen sei es aber nur gekommen, weil Herr A Frau C, der Freundin von Herrn B, zu Hilfe habe kommen wollen, nachdem diese von ihrem Freund bedrängt und lautstark beleidigt worden war. Daraufhin habe er Herrn B aufgefordert, Frau C in Ruhe zu lassen. Dieser Aufforderung sei Herr B aber nicht nachgekommen. Stattdessen habe dieser Frau C mehrere Faustschläge an den Kopf verpasst. Herr A sei nun eingeschritten und habe Herrn B dabei auch geschlagen. Frau C habe so entkommen können.

 

Rz. 7

Aufgrund dieser Schilderung ist zunächst fraglich, weshalb die Ermittlungsbehörden von einer gefährlichen Körperverletzung ausgehen. Zur weiteren Klärung des Sachverhaltes ist deshalb die Einsichtnahme in die Akten der Staatsanwaltschaft notwendig. So, wie der Mandant das Geschehen schildert, handelte er in Nothilfe und hätte sich demnach auch nicht strafbar gemacht. Herr A ist jedoch darauf hinzuweisen, dass zur Vermeidung von Fehleinschätzungen eine fundierte rechtliche Prognose vor Durchsicht der Akten nicht abgegeben werden kann, da Mandanten nicht selten bei ihrer Schilderung des Sachverhalts Details übersehen bzw. verschweigen, die rechtlich aber von Bedeutung sind und in der Regel erst nach erfolgter Akteneinsicht gezielt hinterfragt und aufgeklärt werden können.

Ist der Rechtsanwalt bereit, die Verteidigung eines Mandanten zu übernehmen, nimmt er alle relevanten Daten zur Person bzw. Sache auf und lässt sich, soweit vorhanden, auch sämtliche fallrelevanten Schriftstücke, etwa Vorladungen o.Ä., aushändigen. Aus den staatsanwaltlichen Schreiben geht nämlich stets deren Js-Aktenzeichen hervor, so dass entsprechende Eingaben des Verteidigers direkt der richtigen Ermittlungsabteilung zugeleitet werden können. Bei polizeilichen Ladungen ist zumindest ein Hinweis auf die Tagebuchnummer vorhanden, was ebenfalls eine schnellere Sachbearbeitung ermöglicht. Der Mandant hat außerdem eine Strafprozessvollmacht zu unterschreiben, damit sich der Verteidiger gegenüber der Ermittlungsbehörde legitimieren und Akteneinsicht beantragen kann. Zu Dokumentationszwecken sollte nach diesem ersten (Anbahnungs-)Gespräch die Annahme des Mandats noch einmal kurz schriftlich bestätigt werden.[1] Sollte der Rechtsanwalt ein Mandat nicht annehmen wollen, so hat der diesen Auftrag nach § 44 S. 1 BRAO unverzüglich, am besten schriftlich, abzulehnen.

 

Rz. 8

Da in der Regel erst nach Einsicht in die Akten absehbar ist, welcher Arbeitsaufwand voraussichtlich im Mandat zu entfalten sein wird, empfiehlt es sich, über die Vergütungsfrage und die näheren Modalitäten des Mandatsverhältnisses erst anlässlich des zweiten Besprechungstermins eine abschließende Übereinkunft zu erzielen. Das Einfordern eines anwaltsüblichen Vorschusses in angemessener Höhe bleibt davon unberührt.

Sobald die Akten eingetroffen sind, ist der Mandant umgehend zu benachrichtigen, um sodann das weitere Vorgehen besprechen zu können, vgl. auch § 11 BORA.

[1] Vgl. dazu etwa Sattler, AnwaltFormulare Mandanteninformationen, § 11 Rn 1; Reisenhofer, Jugendstrafrecht in der anwaltlichen Praxis, § 7 Rn 6.

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