Rz. 265

Bei einer verhältnismäßig geringen Anzahl von Tatbeständen, die regelmäßig den Bereichen der kleineren und mittleren Kriminalität zuzuordnen sind, ist das Vorliegen eines wirksamen Strafantrags Prozessvoraussetzung. Fehlt er – etwa weil er nie, nicht vom Antragsberechtigten gestellt oder wieder wirksam zurückgenommen wurde –, entsteht ein Verfahrenshindernis. Sind durch eine Tat mehrere Personen verletzt worden, steht jedem ein Antragsrecht zu, § 77 Abs. 4 StGB. Damit korrespondiert § 77b Abs. 3 StGB, der bestimmt, dass die Antragsfrist für jeden Berechtigten und gegen jeden Beteiligten gesondert läuft. § 77d StGB regelt die Rücknahme des Strafantrages, die bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens möglich ist.

Der Verteidiger, der hier tätig werden will, hat dabei streng die Grenzen der unzulässigen Einwirkung auf Dritte zu beachten. Er darf dem Berechtigten nicht drohen, ihn nicht zwingen, nötigen oder sonst in unzulässiger Art und Weise unter Druck setzen. Auch darf er ihm den Strafantrag bzw. dessen Rücknahme nicht "abkaufen". Insbesondere bei Beziehungstaten im weiteren Sinne ist es aber möglich und sinnvoll, die Vorteile einer einvernehmlichen Lösung darzustellen und dabei auf das irreversibel gestörte Verhältnis der Beteiligten im Fall einer gerichtlichen Klärung hinzuweisen. Gespräche dieser Art sollten stets ohne den Mandanten, dafür aber in Gegenwart einer neutralen dritten Person geführt werden.

 

Rz. 266

Liegt beispielsweise nur eine einfache Körperverletzung vor, muss der Verteidiger überprüfen, ob die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht hat und wenn nicht, ob Strafantrag gestellt wurde, denn nur dann wäre die Tat verfolgbar, vgl. etwa § 230 StGB.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge