Rz. 17

Schriftliche Ladungen des Beschuldigten – z.B. zur richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Vernehmung sowie Ladungen des Angeklagten zur Hauptverhandlung – dürfen nur dann dem Verteidiger zugestellt werden, wenn er eine ausdrückliche Zustellungsvollmacht zu den Akten gereicht hat, § 145a Abs. 2 StPO. Dabei ist zu beachten, dass die besondere Vollmacht des Verteidigers nur dann als wirksam angesehen wird, wenn sie eindeutig, d.h. für jeden auf Anhieb zweifelsfrei als solche zu erkennen ist. Die allgemeine Strafprozessvollmacht reicht hierfür nicht aus, dort könnte eine ausdrückliche Zustellungsvollmacht aber enthalten sein.[8] Es empfiehlt sich gleichwohl, die besondere Zustellungsvollmacht ausdrücklich und separat zu den Akten zu reichen. Bei Erteilung einer solchen besonderen Zustellungsvollmacht ist nämlich zu bedenken, dass in diesem Fall dem Verteidiger die alleinige Verantwortung für die ordnungsgemäße Ladung bzw. Unterrichtung des Mandanten aufgebürdet wird. Erreicht der Verteidiger seinen Mandanten nicht oder vergisst er die rechtzeitige Übermittlung der Ladung, hat dies die gleichen Konsequenzen, als wenn der Mandant direkt geladen worden wäre. Die Zustellung an den Verteidiger ersetzt nämlich die Zustellung an den Beschuldigten. Erscheint der Mandant beispielsweise in der Hauptverhandlung nicht, kann die Vorführung angeordnet oder ggf. sogar ein Haftbefehl erlassen werden, § 230 Abs. 2 StPO.

 

Rz. 18

Um die unnötige Übernahme einer solchen Verantwortung zu umgehen, sollte der Verteidiger deshalb darauf achten, dass die besondere Zustellungsvollmacht nach § 145a Abs. 2 StPO in standardisierten Vollmachtsformularen gestrichen wird. In der Regel wird eine besondere Zustellungsvollmacht nur in den Fällen erforderlich sein, in denen der Mandant ein besonderes Interesse – etwa um seinen Aufenthaltsort geheim zu halten – an der genannten Zustellungsregelung hat.

 

Rz. 19

Einen Sonderfall bildet insoweit § 116a Abs. 3 StPO, wenn der außerhalb der BRD wohnende Beschuldigte inhaftiert ist und der Haftbefehl nur gegen Sicherheitsleistung und Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten außer Vollzug gesetzt werden soll. Die Zustellungsvollmacht gilt nur für die Dauer der Außervollzugsetzung des Haftbefehls und ist unwiderruflich. Der Austausch des Bevollmächtigten ist nur mit richterlicher Zustimmung möglich.[9]

[8] Vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 145a StPO Rn 12; HK-StPO/Julius, § 145a Rn 8.
[9] Vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 116a StPO Rn 6; HK-StPO/Posthoff, § 116a Rn 12.

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