Rz. 70

In der Regel werden die Ermittlungen von der Polizei geführt. Die Staatsanwaltschaft wird dann oft erst eingeschaltet, wenn die Polizei ihre Ermittlungen abgeschlossen hat. Diese Verfahrensweise verstößt zwar gegen § 163 Abs. 2 S. 1 StPO, wonach die Polizeibehörde ihre Verhandlungen unverzüglich der Staatsanwaltschaft zu übersenden hat. Dennoch ist dieses Verfahren in der Praxis häufig anzutreffen. Problematisch ist die Umgehung der §§ 163 Abs. 2 S. 1, 170 Abs. 1 StPO, weil über die Akteneinsicht nur die Staatsanwaltschaft entscheiden kann. Werden die Ermittlungen (und damit auch die Akten) allein von der Polizei geführt, verzögert sich die Gewährung der Akteneinsicht oft in unerträglicher Weise. Der Verteidiger hat in diesem Fall nur die Möglichkeit, die Mandatsübernahme sowie sein Akteneinsichtsbegehren gegenüber den Polizeibehörden gleichermaßen anzuzeigen. Allein auf diesem Weg kann der Verteidiger versuchen, sicherzustellen, dass auch die polizeilichen Sachbearbeiter um die anwaltliche Vertretung des Beschuldigten wissen und dieser Verteidigerwahl des Beschuldigten Rechnung tragen, insbesondere diesen als alleinigen Ansprechpartner in allen Verteidigungsbelangen respektieren.[30] Zudem kann der Verteidiger so die Aktenübersendung unmittelbar nach Eintreffen bei der Staatsanwaltschaft ohne noch zusätzliche Verzögerungen bzw. den direkten Versand über die Polizei nach vorheriger Zustimmung der Staatsanwaltschaft erwirken.

 

Rz. 71

Muster 41.15: Anzeige der Mandatsannahme gegenüber der Polizei

 

Muster 41.15: Anzeige der Mandatsannahme gegenüber der Polizei

Kriminalpolizei _____

Tagebuchnummer _____

In dem Ermittlungsverfahren gegen _____ wegen _____

zeige ich unter Beifügung einer beglaubigten Vollmacht an, dass mich _____ mit seiner/ihrer Verteidigung beauftragt hat. _____ wird vorerst keine Angaben zur Sache machen und deshalb nicht zur polizeilichen Vernehmung erscheinen.

Ich bitte um Mitteilung der Tagebuchnummer bzw. – sofern bereits bekannt – des Aktenzeichens der zuständigen Staatsanwaltschaft, damit von dort aus Akteneinsicht gewährt werden kann. Darüber hinaus bitte ich darum mir bekannt zu geben, wer die Ermittlungen leitet.

Gegenüber der Staatsanwaltschaft stelle ich schon jetzt den Antrag, mir Akteneinsicht zu gewähren und bitte um Übersendung der Akten in meine Kanzleiräume.

(Alternativ: Ich bitte um Mitteilung des staatsanwaltschaftlichen Aktenzeichens, damit ich von dort aus Akteneinsicht erhalten kann.)

(Rechtsanwalt)

[30] Zu einem möglichen Informationsschreiben an den Mandanten vgl. etwa Sattler, AnwaltFormulare Mandanteninformationen, § 11 Rn 12.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge