Rz. 148

Gesetzliche Grundlage für die Vornahme erkennungsdienstlicher Maßnahmen ist § 81b StPO. Wird das Verfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt oder endet es mit einem rechtskräftigen Freispruch, aus dem sich die Unschuld des Angeklagten ergibt, hat der Betroffene regelmäßig das Interesse, dass die über ihn angefertigten Unterlagen vernichtet bzw. gelöscht werden. Mit der Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen liegt nämlich ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG vor.

 

Rz. 149

Wenn die zuständige Polizeibehörde die Aufbewahrung der Unterlagen für mögliche zukünftige Strafverfahren aus erkennungsdienstlichen Gründen für sinnvoll und notwendig erachtet, vernichtet sie die Unterlagen i.d.R. nicht, vgl. etwa für Baden-Württemberg §§ 481 f., 484 Abs. 4 StPO, 38 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 PolG BaWü. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG ist der Anspruch auf Vernichtung der Unterlagen daher nicht zwingend.[65]

 

Rz. 150

Für die Aufbewahrung der nach § 81b StPO angefertigten Unterlagen gilt der Grundsatz der Notwendigkeit, vgl. zur Datenverarbeitung §§ 483 ff. StPO sowie zur Löschung und Einschränkung der Verarbeitung von Daten § 489 StPO. Dieser Begriff trägt dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung, in rechtlich geschützte Positionen des Einzelnen nur einzugreifen, soweit dies notwendig erscheint. Daher ist zwischen dem öffentlichen Interesse an der Bekämpfung der Kriminalität und dem persönlichen Interesse des Betroffenen abzuwägen. Daraus ergibt sich, dass nicht jeder von der Polizeibehörde als potentieller Rechtsbrecher betrachtet werden darf, der angezeigt, sonst irgendwie aufgefallen ist oder sich verdächtig gemacht hat. Eine derartige Vorgehensweise widerspricht dem Prinzip des freiheitlichen Rechtsstaates.[66]

 

Rz. 151

Die Landespolizeibehörden sind für die Aufbewahrung und Vernichtung von erkennungsdienstlichen Unterlagen zuständig. Deren Aufbewahrung ist nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens die Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben außerhalb konkreter Strafverfolgung. Der Antrag auf Vernichtung ist also an die zuständige Landespolizeibehörde zu richten. Die Ablehnung ist ein Verwaltungsakt. Nach h.M. ist der Anspruch auf Vernichtung mit der Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zu verfolgen.[67]

[65] Vgl. BVerwG NJW 1989, 2640.
[66] St. Rspr. BVerwG NJW 1989, 2640; VG Bremen StV 1981, 189, 190; BVerwGE 26, 169.
[67] Für BaWü DVO PolG § 11 Nr. 1.

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