a) Typischer Sachverhalt

 

Rz. 229

In der Regel erhalten die Untersuchungsgefangenen bei der Aufnahme in die JVA ein Merkblatt über die Haftbedingungen und die Hausordnung. Oftmals stimmen diese Regeln aber mit den Anforderungen, die die OLG-Rechtsprechung in dem entsprechenden Bezirk an die Ausgestaltung der Untersuchungshaft stellt, nicht überein. Daher sollte regelmäßig die aktuelle einschlägige OLG-Rechtsprechung gesichtet werden, damit der Verteidiger überprüfen kann, ob sich die Haftbedingungen der einzelnen JVA auch auf dem aktuellen Stand befinden.

b) Rechtliche Grundlagen

 

Rz. 230

Gesetzliche Regelungen zu den Haftbedingungen fanden sich früher allein in § 119 StPO, der nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG eine verfassungsrechtlich ausreichende gesetzliche Grundlage für Einschränkungen grundrechtlicher Freiheiten des Untersuchungsgefangenen bildete.[104] § 119 StPO ist zwischenzeitlich grundlegend verändert worden und regelt nunmehr die haftgrundbezogenen Beschränkungen während der Untersuchungshaft. Seit der Föderalismusreform aus dem Jahre 2006 sind für die Ausgestaltung des Vollzugs, wozu auch der Untersuchungshaftvollzug gehört, die jeweiligen Bundesländer zuständig. In Baden-Württemberg z.B. wurden entsprechende Regelungen mit dem JVollzGB II (2. Justizvollzugsgesetzbuch – Untersuchungshaftvollzug) zum 1.1.2010, zuletzt geändert mit Wirkung zum 17.12.2020, geschaffen. Auf eine weitergehende Darstellung muss jedoch aus Platzgründen verzichtet werden.[105]

 

Rz. 231

Nach Art. 6 Abs. 2 EMRK wird bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist. Daher ist den Entfaltungswünschen des Untersuchungsgefangenen möglichst Rechnung zu tragen. Seine Gestaltungsmöglichkeiten sind nur dann einzuschränken, wenn dadurch der Haftzweck und die Ordnung in der Anstalt gefährdet werden. Die Auferlegung von Beschränkungen hat den Grundrechten Rechnung zu tragen und ist nicht schon dann zulässig, wenn ein Missbrauch des Freiheitsrechtes nicht völlig auszuschließen ist. Vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Untersuchungsgefangene einen ihm überlassenen Gegenstand missbrauchen und dadurch den Haftzweck oder die Ordnung in der Anstalt gefährden könnte.

[104] Vgl. BVerfG NStZ 1996, 509 f.
[105] Eine gute Übersicht samt weiterführenden Links ist auf dem Internetangebot der Universität Bremen über den Link www.strafvollzugsarchiv.de zu finden.

c) Muster: Antrag zur Ausgestaltung der Untersuchungshaft

 

Rz. 232

Muster 41.31: Antrag zur Ausgestaltung der Untersuchungshaft

 

Muster 41.31: Antrag zur Ausgestaltung der Untersuchungshaft

An das Amtsgericht _____

Az. _____

In der Strafsache/Haftsache gegen _____ wegen _____

stelle ich den Antrag, die Ausgestaltung der Untersuchungshaft in folgender Weise zu erweitern bzw. zu ändern:

die Benutzung einer Spielekonsole zu genehmigen,
die Benutzung eines Laptops zu genehmigen,
die Besuchserlaubnis eines Journalisten für ein Interview zu erteilen,
den direkten Bezug der Zeitschrift _____ über den Verlag _____ zu genehmigen,
der Ehefrau des Mandanten ein Besuchsrecht zu gestatten, das nur eine optische Überwachung vorsieht.
Begründung:

_____ (Darlegen der Gründe für die beabsichtigte Änderung der Ausgestaltung, etwa ein Bezug von Büchern und Zeitschriften zwecks Prüfungsvorbereitung, Weiterbildung etc.)

(Rechtsanwalt)

d) Anmerkungen zum Muster

 

Rz. 233

Die Zuständigkeit des anzurufenden Gerichts richtet sich nach § 119 Abs. 6 i.V.m. § 126 StPO.

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