Rz. 60

Der Gesetzgeber hat im Laufe der Zeit ein modernes Stiftungssteuerrecht normiert, das hier zumindest kurz anzusprechen ist.[111] Nach der letzten größeren Reform des Gemeinnützigkeitsrechts im Jahre 2007 ("Hilfen für Helfer") wurde am 21.3.2013, nach durchaus zähem Ringen der Gesetzgebungsorgane, das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts (Ehrenamtsstärkungsgesetz) verabschiedet, das ebenfalls eine Reihe von Änderungen des Gemeinnützigkeits- und damit auch des Stiftungssteuerrechts zur Folge hatte.

 

Rz. 61

Als wesentliche Neuerungen nach dem Ehrenamtsstärkungsgesetz 2013 sind die folgenden Punkte hervorzuheben:

Erleichterter Nachweis der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit im Rahmen mildtätiger Zweckverwirklichung (§ 53 Nr. 2 AO).
Verlängerung der Frist für die zeitnahe Mittelverwendung um ein weiteres Jahr (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO: "… in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren …").
Lockerung des sog. "Endowment-Verbots" als Ausnahme zum Gebot der zeitnahen Mittelverwendung (§ 58 Nr. 3 AO; siehe bereits oben Rdn 18).[112]
Das bisher von der Finanzverwaltung praktizierte Verfahren der vorläufigen Bescheinigung der Gemeinnützigkeit wird aus Gründen der Rechtssicherheit durch einen gesetzlich geregelten Verwaltungsakt (Feststellungsbescheid) ersetzt, der mit den üblichen verwaltungsrechtlichen Rechtsmitteln angegriffen werden kann (§ 60a AO).[113]
Erweiterte Möglichkeiten der gemeinnützigkeitsrechtlich unschädlichen Rücklagenbildung (zusammengefasst nun in § 62 AO; freie Rücklage jetzt in § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO).
Neue Vorgaben für das Ausstellen von Zuwendungsbestätigungen (§ 63 Abs. 5 AO).
Zum 1.1.2013 rückwirkende Erhöhung des Übungsleiterfreibetrages auf 2.400 EUR/Jahr und des Ehrenamtsfreibetrages auf 720 EUR/Jahr (§ 3 Nr. 26 und Nr. 26a EStG).
Für den Sonderausgabenabzug bei Spenden in den Vermögensstock einer Stiftung gilt nach § 10b Abs. 1a EStG nunmehr für zusammen veranlagte Ehegatten ein Höchstbetrag von 2 Mio. EUR für beide Ehegatten gemeinsam. Die bisherige Regelung (1 Mio. EUR für jeden Ehegatten getrennt) und die damit verbundenen Nachweiserfordernisse, aus welcher Vermögensmasse der Eheleute die Spenden geleistet wurden, entfällt.
 

Rz. 62

Wie schwierig sich das Zusammenspiel des Gemeinnützigkeitsrechts und des Stiftungszivilrechts auch für Fachleute gestalten kann, hat 2015 das BMF-Schreiben zum Thema "Steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Hilfe für Flüchtlinge" gezeigt.[114] Dort hatte das BMF angesichts der Flüchtlingskrise einige Ausnahmen von den bestehenden gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindungen zugelassen, um gemeinnützigen Körperschaften verschiedene Maßnahmen im Bereich der Flüchtlingshilfe zu ermöglichen. Dabei ging das BMF allerdings nicht auf die stiftungszivilrechtlichen Bindungen durch die Satzung und den Stifterwillen ein.

[111] Ausf. dazu etwa Schiffer in: Schiffer, § 9; Richter/Specker in: Richter, §§ 22 ff.; Richter in: v. Campenhausen/Richter, § 39 ff. sowie die umfassenden Darstellungen bei Hüttemann, Schauhoff und Buchna/Leichinger/Seeger/Brox (siehe Literaturverzeichnis).
[112] Näher dazu Augsten, npoR 2013, 220.
[113] Zu ersten Praxiserfahrungen mit dem neuen Feststellungsverfahren: Sauer/Schütz, StiftungsBrief 2013, 228.
[114] BMF Schreiben v. 22.9.2015 – V C 4 – S 2223/07/0015: 015.

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