Rz. 26

Ausweislich des § 46 Abs. 2 BeamtVG kann der Beamte weitergehende Ansprüche nur dann geltend machen, wenn der Dienstunfall

1. durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung einer solchen Person verursacht worden oder
2. bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr

eingetreten ist.

 

Rz. 27

Das Merkmal der "Teilnahme am allgemeinen Verkehr" ist nunmehr ausdrücklich als anspruchserhaltende Alternative in den Regelungsgehalt der Vorschrift einbezogen. Die Neufassung des § 46 Abs. 2 ­BeamtVG hat insoweit den Regelungsgehalt des früheren § 1 Abs. 1 ErwZulG eingearbeitet.[22]

 

Rz. 28

Bereits nach der Zielsetzung des früheren ErwZulG sollten die Haftungsausschlüsse des § 46 Abs. 2 ­BeamtVG für einen Bereich entfallen, in dem der Verletzte jedem anderen Verkehrsteilnehmer gleichstand.[23] Wie bei den §§ 104, 105 SGB VII (§§ 636, 637 RVO a.F.) war entscheidend, ob der Verletzte den Unfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr oder als Betriebsangehöriger erlitten hatte. Es kam darauf an, ob sich der Unfall im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem als innerdienstlicher bzw. innerbetrieblicher Vorgang darstellte. War dies nicht der Fall, so griff der Haftungsausschluss nicht ein.[24]

 

Rz. 29

Für die nach der Dienstrechtsreform erfolgte Aufnahme des Merkmals "Teilnahme am allgemeinen Verkehr" in § 46 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BeamtVG gelten dieselben Maßstäbe. Ob ein Beamter bei Erleiden eines Dienstunfalls am allgemeinen Verkehr teilgenommen hat, ist nach der besonderen Lage des Einzelfalls zu entscheiden. Entscheidend ist, ob der Verletzte den Unfall in einem Gefahrenkreis erlitten hat, für den seine Zugehörigkeit zum Organisationsbereich des für den Unfall verantwortlichen Dienstherrn im Vordergrund steht, oder ob der Unfall nur in einem losen, äußerlichen Zusammenhang mit dem dienstlichen Organisationsbereich steht, der Verletzte also "wie ein normaler Verkehrsteilnehmer" verunglückt ist.[25] Die Ausführungen zu den §§ 104, 105 SGB VII gelten sinngemäß (§ 38 Rdn 1 ff.).

 

Rz. 30

Weitere Rechtsprechung:

Verkehrsunfall auf einem Kasernengelände.[26]
Teilnahme am allgemeinen Verkehr, wenn ein Soldat beim Transport zu einem Truppenübungsplatz einen Verkehrsunfall durch Verschulden eines Panzerfahrers erleidet und dabei verletzt wird. Entscheidend war, dass der Einsatz des Panzerfahrers in keinem dienstlichen Zusammenhang mit dem Transport stand.[27]
Die Mitnahme eines Arbeitskollegen im Privatfahrzeug zur Arbeitsstelle und zurück ist Teilnahme am allgemeinen Verkehr, weil solche Fahrten grundsätzlich Privatsache sind.[28] Dasselbe gilt für die Fahrt zum auswärtigen Beschäftigungsort.[29]
Anderes gilt, wenn der Unternehmer Betriebsangehörige im betriebseigenen Fahrzeug zum Arbeitsplatz bringen lässt[30] oder wenn ein Betriebsangehöriger auf Anordnung des Unternehmers nach einer Betriebsveranstaltung im werkseigenen Kfz nach Hause gefahren wird.[31]
Eine Teilnahme am allgemeinen Verkehr ist indes nicht schon dann zu verneinen, wenn mit der Fahrt die Förderung eines betrieblichen oder dienstlichen Interesses verbunden ist.[32]
Dass die Tätigkeit eines Bediensteten dienstlichen oder betrieblichen Belangen dient, reicht nicht aus, einen innerdienstlichen Vorgang anzunehmen und eine Teilnahme am allgemeinen Verkehr zu verneinen. Daher erfolgt der Sturz einer Lehrerin, die zum Unfallzeitpunkt im Rahmen einer "ausgeweiteten Schulaufsicht" quirlige Erstklässler auf einer öffentlichen Straße zu einer wegen winterlichen Straßenverhältnissen verlegten Bushaltestelle begleitet, nicht bei der "Teilnahme am allgemeinen Verkehr", sondern stellt sich im Verhältnis zur streupflichtigen Gemeinde, die zugleich Schulträger ist, als innerdienstlicher Vorgang dar.[33]
Zum Begriff der Teilnahme am innerdienstlichen Verkehr im Zusammenhang mit einer Wehrdienstbeschädigung.[34]
§ 46 Abs. 2 BeamtVG unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.[35]
 

Rz. 31

§ 46 Abs. 2 S. 2 BeamtVG legt fest, dass im Fall der Nummer 2 (Teilnahme am allgemeinen Verkehr) Unfallfürsorgeleistungen auf die weitergehenden Ansprüche anzurechnen sind. Dies entspricht § 104 Abs. 3 SGB VII (§ 636 Abs. 1 S. 2 RVO a.F.).

 

Rz. 32

Für die Fälle der Teilnahme am allgemeinen Verkehr besteht der zivilrechtliche Schadensersatzanspruch des Beamten gegen den Dienstherrn in voller Höhe; die Versorgungsleistungen werden darauf lediglich angerechnet.

 

Rz. 33

Daraus folgt für den Fall der anteiligen Haftung des öffentlichen Dienstherrn, dass das Quotenvorrecht nicht zugunsten des Beamten wirkt, wie es allgemein für das Beamtenrecht vorgeschrieben ist. Das Quotenvorrecht wirkt hier vielmehr zugunsten der Behörde. Die Versorgungsleistungen sind auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, und zwar unabhängig davon, wie hoch der Schadensersatzanspruch ist. Ist der Anspruch daher insbesondere aus Gründen des mitwirkenden Verschuldens des Beamten niedriger als der tatsächlich entstandene Schaden, so ist dennoch auf diesen der Bruchteilshaftung unterworfenen verbleibenden Schadensersa...

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