Rz. 12

§ 2103 BGB trägt dem Umstand Rechnung, dass in der Laiensphäre die Herausgabe eines Gegenstandes und die Übertragung dinglicher Rechtspositionen oft gleichgesetzt werden. Die Anordnung, dass z.B. A erbt und dem B zu dessen 25. Geburtstag das Erbe herausgeben muss, stellt eine Einsetzung als Vor- und Nacherbe dar. Bei gemeinschaftlichen Testamenten ist § 2269 Abs. 1 BGB zu beachten, wonach die gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten mit der Einsetzung eines Dritten auf den "beiderseitigen Nachlass" nach dem Tod des überlebenden Ehegatten im Zweifel eine Allein- und Schlusserbeneinsetzung darstellt. Auch in diesem Fall gilt jedoch, dass die Anwendung des § 2269 Abs. 1 BGB Schlusspunkt der Auslegungsbemühungen sein muss.[22] Zuvor muss zunächst ermittelt werden, ob der Erblasser die Einheits- oder Trennungslösung anordnen wollte. Kann man dies nicht, gilt unter dem Regime des § 2269 BGB die Einheitslösung. Da die Regelung unter Ehegatten, den Überlebenden als Alleinerben und die Kinder als Schlusserben einzusetzen, als "Berliner Testament" allgemein bekannt ist, ist vor der Anwendung des § 2103 BGB beim sogenannten "Berliner Einzeltestament" ("Erst erbt meine Ehefrau, nach deren Tod mein Kind") zu prüfen, ob nicht die Vollerbschaft des Ehegatten und evtl. ein Herausgabevermächtnis auf dessen Tod an den "Schlusserben" gewollt ist, was durch Auslegung ermittelt werden muss.[23]

[22] Damrau/Tanck/Klessinger, PK Erbrecht, § 2269 Rn 4 f.
[23] Instruktiv Keim, ZEV 2018, 681.

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