Rz. 2

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH unterliegen die gesetzlichen Regelungen über den nachehelichen Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten. Die Disponibilität der Scheidungsfolgen darf allerdings nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen wird. Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle prüft das Gericht, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr, losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse, wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten.[1] Ergibt sich erst später eine Unausgewogenheit, da sich die Lebensverhältnisse der Ehegatten anders entwickeln als ursprünglich angenommen, so sind die ehevertraglichen Verhältnisse gegebenenfalls anzupassen.

 

Rz. 3

Für eine Sittenwidrigkeit können neben dem materiellen Inhalt der ehevertraglichen Urkunde auch die besonderen Umstände des Zustandekommens der Vereinbarung sprechen, beispielsweise

Ausnutzung der eigenen Geschäftsgewandtheit eines Ehegatten im Verhältnis zur Unerfahrenheit und Beeinflussbarkeit des materiell benachteiligten Ehegatten.
Beurkundung nur wenige Tage vor der Hochzeit oder der Geburt eines Kindes.
Nichteinbeziehung des Verzichtenden in die Vorbereitung des Beurkundungstermins und fehlende Übersendung eines Entwurfes an beide Ehegatten.
Fehlende oder falsche Angaben zum Vermögen der Ehegatten sowie dem vom Zugewinn ausgenommenen durch vorweggenommene Erbfolge oder durch Erbfolge zu erwartenden Vermögens der Ehegatten, so dass der verzichtende Ehegatte von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht.
 

Rz. 4

Die subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB sind erfüllt, wenn der durch den Ehevertrag begünstigte Ehegatte alle aufgezeigten Tatsachen, aus denen die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages folgt, kennt. Ob er das Verdikt der Sittenwidrigkeit erkannt hat und den anderen Ehegatten gezielt schädigen wollte, braucht nicht nachgewiesen sein.

 

Rz. 5

Der bloße Umstand, dass der vereinbarte Abfindungsbetrag deutlich unter einem möglichen Pflichtteilsanspruch liegt, rechtfertigt für sich gesehen noch nicht das Verdikt der Sittenwidrigkeit.

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