Rz. 10

Das Bundesrecht normiert in §§ 68 ff. VwGO, dass vor Einreichung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt dieser im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens zu überprüfen ist. Zweck des Widerspruchsverfahrens ist eine vor das Gerichtsverfahren gezogene Selbstkontrolle der Verwaltung. Allerdings sieht das Recht der Bundesländer seit Jahren in zahlreichen Rechtsbereichen die Abschaffung des Vorverfahrens oder aber dessen ­fakultative Durchführung vor. Im letztgenannten Fall hat der Rechtssuchende ein Wahlrecht, ob er zunächst ein Widerspruchsverfahren durchführt oder den direkten Weg zum Verwaltungsgericht beschreitet. Die Entscheidung wird – gerade im Fahrerlaubnisrecht – oftmals nach taktischen Gesichtspunkten getroffen, weil sich durch das Widerspruchsverfahren der für die rechtliche Beurteilung maßgebliche Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung hinauszögern lässt. Wird ein Widerspruchsverfahren durchgeführt, entstehen weitere Gebühren nach Nr. 2300 VV RVG.

 

Rz. 11

 

Beispiel

Mandant M (Inhaber einer Fahrerlaubnis Klasse B) mit Wohnsitz in München sucht seinen Anwalt A auf, nachdem er von der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zur Frage des Drogenkonsums aufgefordert wurde. Hintergrund war, dass M im Rahmen einer Polizeikontrolle mit Kokain aufgegriffen und deswegen mit einem Strafbefehl wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln geahndet wurde. Zu seinem Konsum machte er im Strafverfahren keine Angaben.

M will das Gutachten nicht erstellen lassen. A gibt eine Stellungnahme ab, die Fahrerlaubnis wird dennoch entzogen. M entscheidet sich, mit Hilfe seines Anwaltes das nach bayerischem Recht (Art. 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AGVwGO) fakultative Widerspruchsverfahren durchzuführen, um Zeit für ein Drogenscreening zu gewinnen. Der Widerspruch bleibt letztlich erfolglos.

A kann die Gebühr Nr. 2300 VV RVG für seine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren abrechnen. Soweit er bereits im Verwaltungsverfahren tätig war (d.h. vor Erlass des Entziehungsbescheides), ist nach Vorb. 2.3. Abs. 4 VV RVG die Geschäftsgebühr des Verwaltungsverfahrens hälftig, höchstens mit einem Satz von 0,75, auf die weitere Geschäftsgebühr im Widerspruchsverfahren Vorverfahrens anzurechnen.

 

Rz. 12

Ist das Widerspruchsverfahren erfolgreich, kommt die Erstattung der notwendigen Rechtsverfolgungskosten in Betracht (z.B. Art. 80 BayVwVfG). Auch hier findet eine Erstattung jener Gebühren, die über das gesetzliche Maß hinausgehen, allerdings nicht statt.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge