Rz. 43

Der Unternehmerrückgriff (Regress) hat sowohl infolge von

Art. 20 Digitale-Inhalte-RL in § 327u BGB (siehe dazu § 3 Rdn 115 ff.), mithin im allgemeinen Schuldrecht, als auch durch
Art. 18 WKRL in den §§ 445a–c und 478 BGB

eine Neuregelung bzw. Modifikationen erfahren.

 

Rz. 44

Nach Art. 18 Satz 1 WKRL[146] muss der Verkäufer in der Regresskette berechtigt sein, auf die oder den in der Vertragskette Haftenden Rückgriff zu nehmen, wenn er selbst gegenüber dem Verbraucher aufgrund einer Vertragswidrigkeit haftet, die auf ein Handeln oder Unterlassen einer Person in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette zurückgeht, wobei das nationale Recht gemäß Art. 18 Satz 2 WKRL[147] die Einzelheiten regeln kann.

[146] "Haftet der Verbraucher aufgrund einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens einer Person in vorhergehenden Gliedern der Vertragskette, einschließlich des Unterlassens, Aktualisierungen für Waren mit digitalen Elementen gemäß Art. 7 Abs. 3 zur Verfügung zu stellen, ist der Verkäufer berechtigt, bei den oder dem innerhalb der Vertragskette Haftenden Rückgriff zu nehmen".
[147] "Bei welcher Person der Verkäufer Rückgriff nehmen kann, sowie die diesbezüglichen Maßnahmen und Bedingungen für die Geltendmachung des Rückgriffs der Rückgriffsansprüche bestimmt das nationale Recht".

I. Selbstständiger Regressanspruch des Verkäufers gegen seinen Lieferanten (§ 445a Abs. 1 BGB)

 

Rz. 45

Der Verkäufer kann beim Verkauf einer neu hergestellten Sache nach § 445a Abs. 1 BGB vom Verkäufer (Lieferanten), der ihm die Sache verkauft hat (Lieferant), Ersatz der anfallenden Aufwendungen verlangen (Rückgriff in der Lieferkette – Weiterreichen der angefallenen Aufwendungen),[148] die er im Verhältnis zum Käufer

nach § 439 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 6 Satz 2 BGB[149] neu (Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Rücknahme der ersetzten Sache) sowie nach
§ 475 Abs. 4 BGB neu (Anspruch auf Vorschuss)

zu tragen hat, wenn der vom Käufer geltend gemachte Mangel nach seinem Anknüpfungspunkt

bereits beim Übergang der Gefahr auf den Verkäufer vorhanden war oder
auf einer Verletzung der (objektiven) Aktualisierungspflicht gemäß § 475b Abs. 4 BGB[150] beruht (für Waren mit digitalen Elementen – der ergänzend zu § 434 BGB gilt: Danach genügt eine Ware mit digitalen Elementen den objektiven Anforderungen, wenn sie den [objektiven] Anforderungen des § 434 Abs. 3 BGB entspricht und der Verbraucher während des Zeitraums, den er aufgrund der Art und des Zwecks der Ware und ihrer digitalen Elemente sowie unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwarten kann, Aktualisierungen bereitgestellt werden, die für den Erhalt der Vertragsgemäßheit der Ware erforderlich sind, und der Verbraucher über diese Aktualisierungen informiert wird: kumulative objektive Anforderungen an eine Ware mit digitalen Elementen beim Verbrauchsgüterkauf).[151]
 

Beachte

Die subjektiven Anforderungen "an eine Sache mit digitalen Elementen nach § 475b Abs. 3 BGB in Gestalt von Einzelvereinbarungen zwischen den Parteien im letzten Glied der Lieferkette über die Aktualisierung (sind) von dem Anwendungsbereich des § 445a BGB ausgenommen".[152]

 

Rz. 46

Der vormalige Verweis auf § 475 Abs. 6 BGB alt wurde gestrichen (weil die Vorschussregelung nach § 475 Abs. 4 BGB verschoben wurde), beibehalten wurde hingegen der Verweis auf den (inhaltlich geänderten) § 475 Abs. 4 BGB.

Die Beschränkung des Aufwendungsersatzes auf § 475b Abs. 4 BGB liegt darin begründet, dass dem Lieferanten ein vertragliches Versprechen über die Länge der Aktualisierungsverpflichtung durch den Verkäufer nicht zugerechnet werden kann: "Wenn der Lieferant nicht selbst Zusagen über die Länge der Aktualisierungsverpflichtung gemacht hat, haftet er daher nicht für einen Verstoß des Verkäufers gegen eine mit einem Verbraucher vereinbarte Aktualisierungsverpflichtung nach § 475b Abs. 3 BGB".[153]

 

Rz. 47

Lorenz[154] weist darauf hin, dass § 445a Abs. 1 BGB – angesichts des persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs des § 475b BGB, die nur das Verhältnis Verkäufer – Verbraucher (nicht jedoch das Verhältnis Verkäufer – Lieferant) betrifft – zu der "merkwürdigen Situation" führt, "dass der Regressanspruch des Verkäufers gegenüber seinem Lieferanten allein durch eine Pflichtverletzung des Verkäufers gegenüber dem Verbraucher ausgelöst wird". Im Rahmen einer teleologischen Reduktion will Lorenz[155] daher dem Verkäufer einen Regress gegen seinen Lieferanten dann versagen, "wenn das unterlassene Zurverfügungstellen von Aktualisierungen beim Verbraucher allein aus der Sphäre des Verkäufers selbst herrührt und nicht auf den Lieferanten oder einen Dritten zurückzuführen ist" (Problem einer Haftung des Lieferanten im Regress für eine Pflichtverletzung, die ihn gegenüber seinem Vertragspartner gar nicht trifft).

 

Rz. 48

Vgl. dazu auch die Sonderregelung des § 478 BGB, wenn der letzte Vertrag in der Regresskette ein Verbrauchsgüterkaufvertrag ist.

[148] Näher HK-BGB/Saenger, § 445a Rn 3 ff.
[149] Vormals § 439 Abs. 5 BGB alt.
[150] "Hintergrund für die Erweiterung des Anwendungs...

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