Rz. 107

Die Revision wandte sich ohne Erfolg gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Kürzung der vom Kläger geltend gemachten fiktiven Reparaturkosten.

Nach der Rechtsprechung des Senats besteht in der Regel ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon, ob der Geschädigte das Fahrzeug tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt. Ziel des Schadensersatzes ist die Totalreparation und der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen sowohl in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei. Allerdings ist der Geschädigte nach dem in § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verankerten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Begehrt er den Ersatz fiktiver Reparaturkosten, genügt es im Allgemeinen, dass er den Schaden auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens berechnet, sofern das Gutachten hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, dem konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden. Gleichwohl muss sich der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf diese verweisen lassen. So entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des Senats, dass sich der Geschädigte auf die günstigere Reparatur in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt verweisen lassen muss, wenn der Schädiger darlegt und ggf. beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er ggf. vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen.

 

Rz. 108

Der Tatrichter ist bei seiner Überzeugungsbildung im Rahmen des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB nach § 287 ZPO besonders frei gestellt. Denn die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruches, auf die sich die Verletzung der Schadensminderungs-pflicht auswirken kann, ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat.

 

Rz. 109

Gemessen daran wies das Berufungsurteil keine Rechtsfehler auf.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Beklagte eine gleichwertige und mühelos erreichbare sowie im angegebenen Umfang günstigere Reparaturmöglichkeit in der Werkstatt T. in H. nachgewiesen. Hiergegen hatte die Revision keine durchgreifende Verfahrensrüge erhoben. Unter diesen Umständen war es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht dem Kläger Reparaturkosten auf der Grundlage der von der Referenzwerkstatt T. berechneten geringeren Stundensätze zuerkannt hatte. Der Geschädigte muss sich bei fiktiver Abrechnung unter den zuvor aufgezeigten Voraussetzungen auch dann auf eine günstigere Werkstatt verweisen lassen, wenn der Reparaturkostenkalkulation des von ihm beauftragten Sachverständigen bereits mittlere ortsübliche Sätze nicht markengebundener Fachwerkstätten zugrunde liegen. Es kann keinen Unterschied machen, ob im Privatgutachten von durchschnittlichen regionalen Stundenverrechnungssätzen markengebundener oder freier Fachwerkstätten ausgegangen worden ist.

 

Rz. 110

Die dargestellten Grundsätze zum Ersatz der Reparaturkosten bei fiktiver Schadensberechnung beziehen sich nicht nur auf die erörterten Stundenverrechnungssätze, sondern auch auf die Kosten der Ersatzteile; diese sind typischerweise Teil der Reparaturkosten. Danach war hier eine Schätzung der Ersatzteilkosten ohne Berücksichtigung der UPE-Aufschläge erlaubt.

Die Preise der Ersatzteile, die eine markengebundene oder eine freie Fachwerkstatt dem Kunden in Rechnung stellen, werden nach deren eigener Preisgestaltung regelmäßig nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen aufgestellt; sie können sich im Rahmen der unverbindlichen Preisempfehlung der Fahrzeughersteller und/oder ihrer Importeure für Originalersatzteile bewegen, aber auch darüber oder darunter liegen. Die in Literatur und Rechtsprechung zum Schadensersatz thematisierten UPE-Aufschläge oder Ersatzteilaufschläge sind keine eigenen Schadensersatzpositionen, sondern können gemeinsam mit den vom Privatgutachter ermittelbaren unverbindlichen Preisempfehlungen bei der Schätzung des erforderlichen Reparaturaufwandes des Geschädigten einen ersten Anhaltspunkt für die Schätzung der Ersatzteilkosten bieten.

 

Rz. 111

Die grundsätzliche Berücksichtigungsfähigke...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge